Aileen Flöth

Seminarbericht für das Hauptseminar Evolutorische Ökonomik



Als abschließende Aufgabe für das Hauptseminar galt es, einen Seminarbericht zu verfassen. Im Folgenden möchte ich zu Methodik, Inhalt und persönlichen Eindrücken über das Seminar etwas wiedergeben.

Zur Methodik

Bei der Wahl der VWL- Vertiefungsrichtung Evolutorische Ökonomik ist das Hauptseminar ein wesentlicher Bestandteil. Neben grundlegenden Theorien, die hauptsächlich in den anderen Evolutorik- Vorlesungen gegeben werden, geht es im Hauptseminar vor allem darum, mit Texten kritisch umgehen zu können, dabei ein gewisses Diskussionsniveau zu erreichen und kritisch erwägen zu lernen. Schwerpunkt war diesmal der Text „Integrative Wirtschaftsethik: Grundlagenreflexion der ökonomischen Vernunft“ von Peter Ulrich, der in der Fachzeitschrift Ethik und Sozialwissenschaften veröffentlicht wurde. Zu diesem Hauptartikel sind 28 Kritiken erschienen, die mal mehr, mal weniger auf P. Ulrich eingingen. Vom Ablauf und Aufbau ist das Seminar völlig verschieden zu jedem anderen an der Uni. Es gibt bestimmte Regeln, die eingehalten werden müssen, wie zum Beispiel regelmäßiges Erscheinen; die Texte, die man in der nächsten Sitzung besprechen will, auch zu lesen; und sich aktiv einzubringen (was eher Empfehlung als Regel sein soll). Dies bringt ein sehr hohes Lese- Pensum mit sich. Andererseits werden andere Regeln weggelassen, um, wie so schön gesagt wurde, „schulische Hierarchien aufzubrechen“. Jeder darf oder muss sich also aktiv einbringen, egal ob Professor oder Student. Ich hatte auf diese Art und Weise auch das schöne Gefühl, von Professoren wieder erkannt zu werden und nicht in einer Masse aus Studenten unterzugehen.

Zum Inhalt

Zunächst einmal ging es darum, Ulrichs Anliegen aus dem Haupartikel herauszufiltern. Das fiel am Anfang recht schwer, da man sich über die Bedeutung von Moral und Ethik klar werden musste. Nach der definitorischen Einordnung beider Begriffe konnte man mit den zugrunde liegenden Definitionen weiterarbeiten und eine Phänomeneliste erstellen. Doch diese sowie die Analysetafel blieben in den noch folgenden Sitzungen unbeachtet, da man mit den Kritiken und dem hohem Bedarf an Hintergrundmaterial genug zu besprechen hatte. Von den 28 Kritikern haben wir Detlef Aufderheide, Ingo Pies, Andreas Suchanek, Richard Sturn, Michael Schramm, Joachim Weimann und Fritz Reheis (in eben dieser Reihenfolge) besprochen. Wobei sich die ersten Drei der Homannschen Ordnungsethik zuordnen lassen. Dies hat uns zu einem Abstecher zu einer Homann- Rede bewogen, um die Homannschen Hintergründe besser verarbeiten zu können. Darüber haben sich zwei Kommilitonen kritische Gedanken gemacht und diese mit der Seminargruppe besprochen. Man kam zu dem Schluss, dass Homann in seiner Rede nur mangelhaft begründet und Moral ausschließlich aus ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet hat. Außerdem gab es noch Diskussion zum Thema Altruismus, ob dieser ausschließlich uneigennützig ist, konnte nicht geklärt werden. Mehr zu den Kritikern zu sagen, würde meiner Meinung nach hier den Rahmen etwas überschreiten, darum soll es an dieser Stelle genug sein.

Persönliche Eindrücke

Ich habe bereits im Sommersemester ein Hauptseminar besucht und würde hier nun gern vergleichende Schlüsse ziehen. Im Sommer war das Thema Globalisierung, somit waren die inhaltlichen Schwerpunkte anders gesetzt. Außerdem war die Gruppenstärke höher, so dass leichter gute Diskussionen entstanden sind. Wir haben dabei auch mehr Kritiker beleuchten können und uns mehr auf diese konzentriert. Gegen Ende des Sommers gab es auch einige Problembehandlungen, die dieses Semester vollständig gefehlt haben. Außerdem haben wir im Sommer ausführlicher an Phänomeneliste und Analysetafel gearbeitet. Die ethischen Untersuchungen habe ich als weitaus komplizierter empfunden, obwohl ich es ja war, die dieses Thema gern haben wollte. Doch da einfach sehr viel mehr Hintergrundverständnis gefragt war und grundlegende Dinge wie die Begriffe Ethik und Moral erst einmal geklärt werden mussten, ehe man weiter in die Materie einsteigen konnte, haben sich Grundlagendiskussionen sehr viel mehr in die Länge gezogen als das bei dem Globalisierungsthema der Fall war. Manchmal war es auch so, dass alles so lange zerpflückt wurde bis man völlig den Faden verloren hat und sich fragen musste, worum es gleich noch mal ging, was der Grund für diese Diskussion war. Ich hätte es schöner gefunden, wenn auch dieses Semester wieder eine Gruppenstärke von 15 Leuten zusammen gekommen wäre und es einen höheren Frauenanteil gegeben hätte, weil es meiner Meinung nach so einfach produktiver war.

Nichtsdestotrotz war allgemein das Seminar für mich etwas Besonderes und eine Abwechslung vom Studienalltag des inaktiven „Berieseln- Lassens“. Man durfte (bzw. musste um die erforderlichen Punkte zu erreichen) aktiv am Diskussionsgeschehen teilnehmen und seine Meinung auch schriftlich kundtun. Mir hat das Seminar gefallen, ich habe gern mitgearbeitet und außerdem eine neue Sichtweise gewonnen.

Leipzig, 27.1.2007