Protokoll zum Erwägungsseminar am 27.01.2012, erstellt von Jan Tomaschky:

 

1. FOCJ, von R. Chomicka. Das Statement gibt R. Wießner:

Er wundert sich, dass es sich bei den FOCJ um eine Art Bundesland handeln soll. G. Quaas weist darauf hin, dass der Text zwei Szenarios differenziert. Entweder haben die FOCJ eigene Grenzen oder sie werden (landes-) grenzübergreifend geführt. Wießner meint physische Grenzen könnten bei dem Modell keine Rolle spielen. G. Quaas lenkt die Diskussion um die Frage der Grenzen auf den wichtigen Punkt der Steuerhoheit. Er fragt, wie Steuern ohne das Vorhandensein eines Staates erhoben werden könnten. Wießner sieht das genauso und präzisiert, dass eine demokratische Legitimierung Grundlage für Steuerhoheit sein müsse. R. Chomicka hat die FOCJ als Staaten ohne eigene Verfassung verstanden. Hier erwidert R. Wießner, dass auch diese eine Verfassung benötigen. R. Chomicka vermutet, eine gemeinsame Verfassung schließe sich aufgrund der kulturellen, historischen und gesellschaftlichen Heterogenität der Staaten und deren Regierungen aus.  Erdmann wirft dazu ein, dass das Problem einer gemeinsamen Verfassung faktisch (mit der EU-Verfassung) schon gelöst sei und somit scheinbar keines darstelle. Zeidler meint es gebe bisher gar kein zugrunde liegendes Konzept auf dem das Modell der FOCJ konkret aufgebaut werden könnte.

 

Als nächstes geht Erdmann inhaltlich auf die Forderung ein, nur Fachleute als Politiker einzusetzen. Er meint, dass dies in der Praxis im Gros bereits durchgeführt würde. Zeidler weist auf die große Zahl an wissenschaftlich ausgebildeten Mitarbeitern hin, die der Regierung zuarbeiten. Trotzdem meint Chomicka, dass Expertise von Politikern nicht immer gewährt sei. Hier stellt F. Quaas die Frage, wie lange eine Legislatur solcher Fach-Politiker dauern würde. Denn nachdem sie abdanken, könnten sie als eigene Lobbyisten von ihren Entscheidungen profitieren. Penetrante fügt ein, dass zudem Expertise keine Garantie für gute Politik sein muss. Sein zweites Problem mit dem Modell ist die scheinbar fehlende Subsidiarität in der Jurisdiktion. Zu Forderung, es solle nur Fachleute in der Politik geben führt G. Quaas das Beispiel Steinbrück an. In seiner Funktion als Finanzminister hatte dieser gerade wegen seines wissenschaftlichen Hintergrundes im Nachhinein falsche Entscheidungen getroffen. F. Quaas meint, dass die Ökonomie nicht mit naturwissenschaftlichen Identitäten, sondern mit Modellen arbeite, was zu entsprechenden Abbildungsfehlern führe. Zudem sei das Handeln Steinbrücks mehr als Machtdemonstration zu sehen. Zeidler fast zusammen: ein guter Wirtschaftstheoretiker sei nicht unbedingt ein guter Wirtschaftspolitiker und umgekehrt. Ein weiterer Punkt wird von F. Quaas genannt: Es gibt keine Begründung jemand grundsätzlich von einem Amt auszuschließen.

 

Penetrante fragt noch einmal ob Subsidiarität eingehalten würde, bzw. ob die Jurisdiktion der FOCJ übergreifend wirke. Chomicka antwortet es gäbe eine übergreifende Verfassung jedoch seien die einzelnen FOCJ autonom in ihrer Gesetzgebung und Machtausübung. G. Quaas vergegenwärtigt, dass die Aussage der Texte zu den FOCJ nicht mit den Ergebnissen der Seminare übereinstimmten. F. Quaas findet einige interessante Ansätze in dem Modell, sieht aber in der Folge keine strukturelle Verbesserung zum Status quo. Erdmann ist nicht zufrieden mit der kritischen Auseinandersetzung des Textes und fragt, welche Vorteile das Modell biete. Chomicka hat keinen Vorteil entdeckt. Die Autoren der weiteren Texte zu den FOCJ werden um ein positive Statement gebeten. Nachdem Erdmann glaubt Vorteile aus dem Text extrahieren zu können, wirft Pferner ein, dass jeder Vorteil über kurz oder lang in einem Nachteil münde. Erdmann weist auf mögliche Verbesserungen durch direkte Demokratie hin. Dieses Argument versucht Pferner mit einer Reihe von hieraus folgenden Fragen zu entkräften. R. Koch erwägt, dass das Modell wohl bewusst sehr ungenau gelassen wurde um möglichst große Freiräume in der konkreten Ausgestaltung zu lassen.

G. Quaas rekapituliert zum Schluss der Diskussion, dass die Entwicklung der Struktur der EU eigentlich den Prinzipien der Österreichischen Schule, im Sinne einer komplexen FOCJ entspreche. Insofern verwundere die oppositionelle Haltung. F. Quaas erwidert, der Autor (Frey) habe lediglich Zitate der Österreicher verwendet, zähle aber nicht wirklich dazu.

Der knappe Zeitplan zwingt an dieser Stelle zum nächsten Tagespunkt überzugehen.

 

2. Krisengewinner China von R. Wießner. Statement: S. Najort.

Im Statement wird in Frage gestellt, ob China wirklich als Gewinner bezeichnet werden könne, obwohl die Arbeitslosenquote rapide angestiegen sei. Auch J. Hochscherf empfindet die im Text genannten 100-200 Mio. verlorenen Arbeitsplätze als massiven Einschnitt, der mit enormen Verlusten an Wohlfahrt einhergehen müsse. Er fragt zudem, wo der konkrete Zusammenhang mit der Eurokrise geschaffen wird. Wießner gesteht: „Finanzkrise“ hätte wohl besser gepasst. Zu dem ersten Argument erklärt G. Quaas, dass der „Verlust an Arbeitsplätzen“ weniger einem Verlust als einer Verlagerung in die landwirtschaftlich ausgelegten Provinzen gleichkomme. Mehlhorn pflichtet dem bei: Chinesische Wanderarbeiter seien in der Lage sich mehr oder weniger autark selbst zu versorgen. Hochscherf lässt diese Erklärung nicht gelten und weist erneut auf den extremen Wohlfahrtsverlust in der Bevölkerung hin. Dieser könne durchaus in gesellschaftliche Spannungen aufgrund von Armut ausufern. Auch Zeidler sieht eine solche Gefahr und meint, dass die Titulierung als Gewinner nicht treffend sei.

Im zweiten Teil des Statements fragt Najort, nach welchen Kriterien Banken Unternehmen aussuchten, die für Kredite in Frage kommen. Wießner kann die Frage nicht beantworten, meint aber dass dies nicht wichtig sei. G. Quaas vermutet eine Konkurrenzsituation bei der Kreditvergabe. Wießner kann sich nun erinnern: In erster Linie würden staatliche Unternehmen Kredite erhalten. Weil Bau und Industriesektor als Profiteure benannt wurden fragt Mehlhorn, ob diese wirklich staatlich seien. Wießner führt diesen Boom auf die Nachfrage nach Immobilien zurück. Es kommt hier die Frage auf, ob diese Immobilienblase zu platzen drohe. Nach G. Quaas besteht eher keine Gefahr. In den USA wäre die Situation durch Umschuldungen der Hypotheken bei gestiegenen Preisen entstanden. Hochscherf wirft ein, dass auch in China Immobilien als Spekulationsobjekte genutzt würden. G. Quaas wiederholt die Differenzen in der Finanzierung. Doch auch Mehlhorn verweist darauf, dass viele chinesische Bauprojekte aufgrund von Liquiditätsproblemen mitten im Bau gestoppt würden. Erdmann fragt, welche Geldpolitik die Zentralbank in dieser Zeit betrieben hätte. G. Quaas erklärt der Leitzins sei wieder angehoben worden. Wichtiger für die wirtschaftliche Stabilität empfindet Erdmann die Fiskalpolitik. Wießner erklärt, die konjunkturellen Maßnahmen hätten einen Umfang von 13 – 15% des chinesischen BIP. In der BRD wären es ca. 2% (G. Quaas). Im Endeffekt hat China ähnliche Maßnahmen getroffen wie die EU fasst Erdmann zusammen. Die Annahme, China sei relativ frei von Schulden stellt Zeidler richtig. Kumuliert hätten Zentralregierung und Provinzen enorme Schulden. G. Quaas findet diese Aussage fragwürdig. Durch die zentrale Kontrolle könnten die Zinssätze nicht so sehr steigen, dass daraus Gefahr entstünde. Ihn beschäftigt zudem, warum bei steigendem Wohlstand relativ wenig für die soziale Absicherung getan würde. Wießner erwidert, dass erste Schritte in diese Richtung unternommen würden. Mehlhorn sieht beim Handeln Chinas einen weiteren Planungshorizont als bei anderen Regierungen. Hochscherf fragt, ob wirklich nachhaltiger Wachstum entstehen könne, wenn dieser fast nur auf Plagiaten fuße. Wießner weist auf die stärkere Entwicklung der Binnennachfrage hin, die während Krisen des Auslands als Anker wirke. In Anlehnung an den Text meint Hochscherf es sei doch wenig in handelbare Güter investiert worden, sodass auch der Binnenmarkt keine Hilfe darstellen könne. Insofern sei Nachhaltigkeit nicht zu erkennen. Zudem sieht er starke Parallelen zur EU. Warum solle sich die Entwicklung hier zum Positiven wenden? G. Quaas beantwortet dies mit den erweiterten Möglichkeiten Chinas über Schutzzölle die heimische Wirtschaft zu fördern. Konjunkturpakete könnten somit effizienter wirken. In einem kleinen Exkurs erläutert Mehlhorn  wie Erträge der Investitionen ausländischer Unternehmen in China gehalten werden.

 

Pescht glaubt, dass die Qualität der chinesischen Produkte zu minderwertig sei um international konkurrenzfähig zu sein. Pferner vermutet hier könnte der Binnenmarkt wichtig sein. Mehlhorn sieht die „Plagiatisierung“ als Anfang für Innovationen; als besten Weg für eine schnelle Entwicklung. Pescht stellt der chinesischen Entwicklung der Japans seit gegenüber. Dessen Aufstieg zur Wirtschaftsmacht seien Innovationen in den Bereichen Produktionsabläufe,  Organisationsgestaltung und anderen vorausgegangen. Mehlhorn meint, dass die Grundlage für diese Entwicklung aber auch in Japan massives Kopieren gewesen sei. Nachdem Erdmann fragt, ob eine Spekulationsblase aufgrund der künstlichen hergestellten Währungssituation zu Stande kommen könnte, fasst G. Quaas zusammen: Spekulationsblasen entstehen durch fortgesetzte Überbewertungen. Das Platzen dieser resultiert aus einem plötzlichen Rückgang des Preisniveaus.

 

3. Als letztes wird das Papier von Pescht zum Umgang Italiens mit seinen Staatsschulden besprochen. Nach dem durchlesen des zuvor ausgeteilten Papiers eröffnet G. Quaas die Diskussion mit der Frage, ob der Verkauf von staatlichen Unternehmen zielführend sein könne. Mehlhorn bemerkt, die Staatsquote (Anteil staatlich bedingten wirtschaftlichen Aktivität am BIP) sei in Italien nicht viel höher als in der BRD, so dass man den Staat nicht unbedingt verschlanken müsse. Erdmann sieht eher die Beschleunigung von Gerichtsverfahren als Möglichkeit die Verschuldung zu mindern. G. Quaas fragt ob der Patriotismus, der im ersten Statement von Pescht eine wichtige Rolle gespielt hatte in ihren Augen nicht mehr zum Aufschwung beitragen könnte. Pescht verneint. Als Option wie Bürger dem Staat aktiv helfen könnten schlägt G. Quaas vor, Staatsanleihen an diese zu veräußern. Mehlhorn vermutet, der Wachstum sei - wenn vorhanden – nur versteckt, im Schattensektor passiere. Die enorme Steuerhinterziehung belege diese Annahme. Pescht macht die von organisierter Kriminalität unterwanderten Strukturen in Italien verantwortlich. Diese schließe effektive Reformen aus. Mehlhorn schließt mangelhaften Respekt vor der „Finanzpolizei“ in der Bevölkerung aus. Dieser sein besonders vor dieser Instanz gegeben. G. Quaas bemerkt, dass die Gerichte in Italien nicht zu unterschätzen seien und nicht „alles Mafia“ sei.

 

Damit ist auch das letzte vorliegende Papier besprochen. Die in der Folge besprochenen organisatorischen Angelegenheiten sind dem Kurzprotokoll zu entnehmen.