Protokoll zum Erwägungsseminar „Globalisierung“ 13. Sitzung (30.01.2009)

 

Anwesende: Siehe Teilnehmerliste!

 

1. Ausführliches Protokoll: niemand

 

2. Moderation: A. Gröschel

 

3. Protokoll zur 11. Sitzung von A. Gröschel: Bei der Überarbeitung ist versehentlich eine Passage gelöscht worden. Wiedervorlage bis zur nächsten Sitzung.

 

4. Kurzprotokoll zur 12. Sitzung: keine Anmerkungen

 

5. Kritik 2. Stufe an der Kritik von Hans G. Nutzinger  (K. Wagner: Integration – Subordination? ... Interaktion!)

 

K. Wagner erklärt ihre Motivation, warum sie sich gerade mit der Nutzinger-Kritik ausführlicher beschäftigt habe, damit, dass Nutzinger „ihre Sprache“ spreche, was in diesem Kontext allgemein die ökonomische Sprache und  insbesondere die Frage der Wohlfahrtsökonomik meint.

 

Der Stellenwert von Ordnungsethik, Unternehmensethik und Wirtschaftsbürgerethik als „Orte der Moral“ wird vor dem Hintergrund des Verdachtes diskutiert, dass Unternehmensethik eben doch nur eine Art Bindestrich-Ethik darstellen könnte, wenn man dem von Ulrich postulierten „Primat der Ethik“ so heftig widerspricht wie Nutzinger das tut.

 

Nutzingers Hinweis in ((4)), dass Adam Smith die überkommene Frage nach der Gerechtigkeit von Preisen und Verteilungen durch das Problem der Schaffung und Mehrung des Volkswohlstandes ersetze, provoziert die Frage, ob der Topos der Gerechtigkeit für die ökonomische Theorie als überholt gelten könne bzw. ob Smith dies nahe gelegt habe.

Erwogen werden einerseits die Smith’sche Expertise als Moralphilosoph, deren Begriff des „Wohlstands der Nationen“ nicht nur  auf materiellen Wohlstand, sondern auf den umfassenderen Sinn des Aristotelischen „guten Lebens“ in der Gesellschaft abhebt. Anderseits scheint sein auch vorhandenes Bemühen der „invisible hand“-Metapher eine Art Automatismus der über Märkte vermittelten Wohlstandsproduktion zu unterstellen. Ob man daraus aber bereits den Schluss ziehen könne, dass es Smith nur um die Schaffung von Wohlstand und seine marktgerechte Verteilung und nicht auch um gerechte Verteilung und damit Umverteilung gegangen sei, wird bezweifelt.

 

Weiterhin wird die aus dem Marktautomatismus als „beste aller möglichen Welten“ folgende implizite Annahme zurückgewiesen, dass es realiter ein reines, wohlfahrtsschaffendes Marktsystem überhaupt geben könne, da  einer solchen Annahme widersprechende Phänomene wie Massenarmut etc. nicht sinnvoll ausgeblendet werden dürften. Auch die Funktionsbedingungen eines idealen Marktes erwiesen sich wirklichkeitsfremd, wenn man beispielsweise an Markteintrittsbarrieren für Entwicklungsländer u. ä. denke. Fazit: Die wirtschaftliche Wirklichkeit funktioniert nicht so wie die Walrasianische Gleichgewichtswelt.

 

Die von K. Wagner aufgestellte These, dass auch innerhalb der paretianischen (nicht wie auf S. 2 formuliert: „paritätischen“!) Wohlfahrtstheorie keine „vollständige Trennung von Allokation und Distribution“ stattfinde, löst zunächst eine Diskussion über die Begriffe Nutzen, Paretooptimalität und Glück aus. Wie soll ein Prinzip wie das der Pareto-Optimalität überhaupt anwendbar sein, wenn man gar nicht genau sagen kann, was „besser stellen“ oder „schlechter stellen“ bedeuten soll? Die Relativität solcher individueller Empfindungen wie „Nutzen“ oder „Glück“ schlage sich nachteilig im Versuch nieder, die Operationalisierung der Wohlstandssituation einer Volkswirtschaft gemäß dem wohlfahrtsökonomischen Konzept einer aggregierten Nutzenfunktion vorzunehmen. (Beispiel: Zwar könne man in der Regel annehmen, dass wenig Geld zu haben eher unglücklich macht, aber die Zuteilung von mehr Geld mache nicht unbedingt glücklicher. Erhöht Umverteilung von den Reichen zu den Armen dann die Wohlfahrt?)

 

Der Moderator unterbricht an dieser Stelle die Diskussion, um die geplante Lehrevaluierung (Fragebogen) zu starten.

  

Während der Ausfüllphase der Fragebögen wird ein Tafelbild entworfen, das im Zusammenhang mit o.g. These von Frau Wagner steht, im Gegensatz zu ihrer Vermutung eine Trennung von Allokations- und Distributionstheorie in der Wohlfahrtsökonomik aber geradezu erzwingt:

 

Wohlfahrtsfunktion WF = f(Ui), Ui=Individualnutzen

1. Satz der Wohlfahrtsökonomi: Walrasianische Gleichgewichte sind stets paretoeffizient im Sinne paretooptimaler Allokation.

2. Satz der Wohlfahrtsökonomie: Jede paretoeffiziente Allokation ist ein Marktgleichgewicht und lässt sich durch den Markt bei geeigneter Wahl der Anfangsverteilung erzeugen.

 

Folgerung: Allokative Entscheidungen müssen getrennt von distributiven Erwägungen vorgenommen werden. Umverteilungspolitik wird erforderlich, wenn Marktgleichgewichte als paretoeffiziente Zustände nicht mit den Gerechtigkeitsvorstellungen in einer Gesellschaft übereinstimmen (z.B. Wichtung der individuellen Nutzen)

 

6.  Diskussison der Nutzinger-Kritik von K. Wagner in Verbindung mit der Priddat-Kritik von V. Laurischk

 

Zentraler Punkt ist der Begriff der Wirtschaftsbürgerrechte bei Ulrich.

 

Wo und wie werden sie ausgehandelt? Ist der herrschaftsfreie Diskurs – gesetzt es gäbe ihn überhaupt –  hinreichend, um sie zu fixieren?

 

Die Elaboration der Figur des „republikanisch gesinnten Wirtschaftsbürgers“ durch  Ulrich wird (wiederholt) als schwächste Passage seines HA gewertet. Klar scheint zu sein, dass er damit dem ökonomischen Menschenbild des homo oeconomicus das Menschenbild eines homo ethicus gegenüberstellen möchte.

Die aufgeworfene Frage, ob ein „republikanisch gesinnter Wirtschaftsbürger“ die Tendenz zu Totalitarismus begünstige, wird mehrheitlich mit dem Argument zurückgewiesen, dass dies gerade nicht zu den von Ulrich entworfenen Konstruktionsbedingungen dieser Denkfigur passe.

 

7. Planung des letzten Seminars

Beschlüsse zur nächsten Sitzung:

Moderation R. Köster

 

G. Tarantini: Eine europäische Perspektive

Diskussion der von G. Quaas vorgenommenen Auswertung der Fragebögen zur Evaluation des Kurses.

 

„Restarbeiten“ und Perspektiven für ein Folgeseminar

 

Für die Richtigkeit des Kurzprotokolls: F. Quaas