Kurzprotokoll zum Erwägungsseminar „Globalisierung“ 9. Sitzung (11.12.2018)
Anwesende: 14
Ablauf
1. Organisation
2. Protokollkontrolle
3. Diskussion zu Ötsch: Die neoliberale Utopie als Ende aller Utopien
4. Diskussion zu Reckwitz: Markt unserer Wünsche
5. Aufgaben für das nächste Seminar
Zu 1. Protokoll: niemand
Moderation: niemand
Zu 2.: keine Veränderungen des Protokolls und des Kurzprotokolls
Zu 3.: Das Statement gibt nach Auslosung Alexandre Darbellay.
Ob Ötsch die Gruppierungen der Neoliberalen richtig aufarbeitet? Wird im
Grundsatz zunächst als eine richtige Darstellung empfunden. Als Referenzpunkt
für diese Einschätzung dient der gelesene Text von Hayek (3. Sitzung). Einwand:
Für Ötsch sind die Teilnehmer am Kolloquium Walter Lippmann alle gleichermaßen Neoliberale.
Das ignoriert die Differenzen der Teilnehmer des Kolloquiums in
weltanschaulichen und politischen Fragen. Jedoch liefert Ötsch in Fußnote 10
eine differenzierte Darstellung der Gruppen. Kritisiert werden müsste, dass
Ötsch den verschiedenen Facetten des Neoliberalismus die Hayek-Variante
unterstellt, bei der der Markt im Mittelpunkt steht. Für Ötsch gibt es „den
Markt“ gar nicht, sondern nur verschiedene Märkte (wie es auch „den Menschen“
nicht gibt, sondern nur verschiedene Menschen). Damit wendet sich Ötsch (ob
bewusst oder unbewusst, sei dahingestellt) gegen jeden wissenschaftlichen
Begriff des Marktes, der eine legitime Verallgemeinerung der verschiedenen
Märkte ist. Von dem entsprechenden Objekt ist in dem ganzen Artikel überhaupt
nicht die Rede. (Ötsch ist nicht so penibel gegenüber pauschalen
Verallgemeinerungen, wenn es beispielsweise um „den Neoliberalismus“ geht.) Die
Parallelität mit dem Gottesbegriff ist sehr dürftig („schlampig“) mit Zitaten
unterlegt. Gibt es jemand, der behauptet, dass der Markt (wie der Papst)
„unfehlbar“ ist? Hinweis auf die Fußnoten 15 und 17. Jedoch: Dass es keinen
reinen Markt gibt, ist im Seminar bisher Konsens gewesen. Also: Was ist falsch
an der Behauptung, dass es ihn noch nie gegeben hat? Bei Hayek gibt es
Stellungnahmen gegen jede Sozialpolitik: Er wisse nicht, was das Soziale sein
soll. Bei Weede haben wir zumindest die Akzeptanz einer
minimalen Sozialpolitik. Wie ernst ist die von den Propagandisten des
Neoliberalismus verbreitete Utopie eines ungezügelten Marktes zu nehmen?
Vielleicht war sie nur der verzweifelte Versuch, einer grassierenden (und einer
heute noch anzutreffenden) Staatsgläubigkeit entgegen zu wirken? Hayeks
Stellungnahmen sind meistens etwas überspitzt. Entwirft Ötsch ein Zerrbild des
Neoliberalismus?
Zu 4: Das Statement gibt G. Quaas: Reckwitz
definiere den Neoliberalismus enger (als wir im Seminar – Weltanschauung) als ein politisches Projekt und weist darauf
hin, dass die Eigenlogik der kapitalistischen Entwicklung von sich aus
Erscheinungen produziere, die als „neoliberal“ bezeichnet werden, aber mit der
Politik überhaupt nichts zu tun haben. Daraus ergibt sich die Frage: Was kann
man zurecht als neoliberale Politik bezeichnen?
Vorschläge: Dass Altersheime Gewinn abwerfen müssen, dass die Bahn privatisiert
werden muss, dass der Staat Aktien an VW hält, dass Steuern gesenkt werden
müssen – also Umsetzungen der Forderung nach mehr Markt.
Das Beispiel Steuersenkung muss man differenzierter betrachten: Die
Beseitigung der kalten Progression wird auch von links orientierten Ökonomen
unterstützt. Was ist das Kriterium, um die Forderung nach mehr Markt zu
relativieren? Humanistische Werte? Diese seien ein sehr subjektives Kriterium.
Unter Berücksichtigung einer von der Politik unabhängigen Tendenz zu mehr Markt
könnte man eine neoliberale Politik (vorläufig) als „Aufhebung von
Markthindernissen“ definieren.
Zu 5.: Zum nächsten Mal soll Zinn gelesen werden.
Protokollant:
G. Quaas