Kurzprotokoll zum
Erwägungsseminar „Globalisierung“ 9. Sitzung (16.12.2011)
Anwesende: siehe Liste
Entschuldigt: niemand
Moderation: niemand
Protokoll: niemand
Tagesordnung (Vorschlag):
1. Aufgabenerfüllung
2. Diskussion und Verabschiedung
des Kurzprotokolls
3. Diskussion und
Verabschiedung des Protokolls
4. Diskussion der Texte:
Reihenfolge bereits festgelegt (nach Eingang)
5. Festlegungen für die
nächste Sitzung
Verlauf:
Zu 1: Korrektur der Zahl 10
Billionen in 100 Mrd.: Merete Elias jetzt informiert.
Hinweis zum Protokoll von K.
M. Zalewski: Umänderung des Wortes a posteriori in a priori vorgenommen.
Zu 2: Kurzprotokoll: keine
Änderungen
Zu 3: Protokoll: keine
weiteren Änderungen
Zu 4: Es liegen vor: 4
Papiere
4.1 A. Penetrante: Demokratie
4.2 C. Pferner: FOCJ
4.3 R. Koch / S. Najort: FOCJ
4.4 Sell und Sauer
Der Vorschlag, 4.2 und 4.3
zusammen zu diskutieren, wird stillschweigend angenommen.
Auf Vorschlag von A. Erdmann
wird eine Reflexionsrunde über den Verlauf des Erwägungsseminars eingeplant als
neuer Punkt 5.
Zu 4.1: Das Statement gibt R. Wießner. Es sei nicht klar,
welche Funktionen des Staates ausgelagert werden.
A. Penetrante stellt sein
Papier insgesamt vor. Politikwissenschaftlicher Dreh- und Angelpunkt sei das
Konzept der Post-Demokratie. Demnach spiele das Volk in den demokratischen
Institutionen immer weniger eine Rolle. Politik sei Durchsetzung von Macht mit
entsprechenden Ressourcen und zugleich ein Entscheidungs- und
Verhandlungsprozess. Das Papier solle die politische Dimension der
gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich machen. Die neue Qualität
sei: Die Nationalstaaten seien überfordert. Es bestehe ein Missverhältnis
zwischen Erwartungen und verfügbaren Instrumenten. Das ist das Resultat der
Auslagerung von Funktionen, die Gewinn versprechen. Dagegen behalten die
Staaten die verlustreichen Funktionen. Inzwischen befänden sich die Staaten auf
Augenhöhe zu Wirtschaftsakteuren, so dass sie Partei sind und nicht mehr als
Schiedsrichter fungieren können. Die Finanzkrise habe sich zu einer
Entscheidungskrise entwickelt. Es sei problematisch, wenn Rating-Agenturen
versuchen, politische Entscheidungsprozesse zu beeinflussen – wie kürzlich
geschehen.
J. Hochscherf möchte wissen,
wieso Ratingagenturen keine Entscheidungsprozesse beeinflussen dürfen: Sie
verarbeiteten nichts anderes als öffentlich verfügbare Informationen. Niemand
sei gezwungen, sich an den Ratings zu orientieren.
A. Penetrante betont die
Verantwortungslosigkeit der Ratingagenturen am Beispiel von Lehman Brothers.
Für politische Entscheidungen benötige man eine demokratische Legitimation.
F. Pescht hat Penetrantes
These so verstanden, dass die Politik durch die Ratingagenturen zu einem
bestimmten Verhalten gezwungen werden.
M. Mehlhorn möchte wissen,
wie die Agenturen in diese Machtposition gekommen sind.
Nach A. Penetrante ist der
Grund darin zu sehen, dass die Staaten nicht in der Lage seien, diese
Informationen zu liefern [Erinnerung an die These von der Auslagerung gewinnbringender
Funktionen – G.Q.].
An J. Hochscherf gewandt,
weist M. Mehlhorn darauf hin, dass ein Marktversagen vorliege, wenn lediglich 3
Rating-Agenturen die Szene bestimmen.
F. Quaas möchte wissen,
welchen Ausweg A. Penetrante sieht / vorschlägt.
A. Penetrante fordert eine
klarere Abgrenzung zwischen Politik und Wirtschaft sowie eine größere
Transparenz. Wenn der Staat nur in Kosten/Nutzen-Kalkülen denke, könne er seine
Funktion nicht erfüllen. Ein von der Politik zu berücksichtigender Maßstab sei
Gerechtigkeit.
F. Quaas weist in
Zusammenhang mit der These, dass Entscheidungen, die das Volk zu treffen hätte,
immer mehr den Eliten zugeschoben werden, auf die Wohlfahrtsökonomik hin. Die
Frage sei immer, wer welche Entscheidungen treffen solle.
G. Quaas definiert den Staat
nach M. Weber als Monopolist physischer Gewaltsamkeit. Das bedeute nicht, dass
der Staat ein Monopol auf Macht habe. Insofern sähe er keinen Grund, weshalb
Wirtschaftsakteure daran gehindert werden sollten, Einfluss auszuüben.
A. Penetrante leht die
Definition von M. Weber ab und beruft sich auf J. Habermas, wonach der Staat
ein Raum sei, in dem verschiedene Akteure verhandeln. Das könne nicht
funktionieren, wenn es nur noch einen Akteur gäbe. Wichtig sei auch der
Widerstand, gegen den Macht ausgeübt werde. Außer der Ökonomie gäbe es niemand
mehr, der Widerstand leisten könne. Eben das sei der Zustand der
Postdemokratie.
F. Quaas möchte den Hinweis
auf Schumpeter präzisiert haben. Es sei ein Unterschied, ob man sich auf den
frühen oder den späten Schumpeter berufe. Der frühe Schumpeter sei der des
Unternehmertums, der späte prophezeie den Weg in den Sozialismus.
A. Penetrante findet diesen
Hinweis interessant.
Zu 4.2 / 4.3: Das Statement gibt R. Koch. Sie findet B. Freys Idee gut.
Falls es zu einem Kollaps der EU kommen sollte, wäre das eine Alternative.
C. Pferner ist nicht nur der
Meinung, dass das Konzept von Frey in der EU nicht umsetzbar sei, sondern dass
es überhaupt nicht umsetzbar sei – vor allem wegen der Komplexität der
notwendigen Vernetzungen.
R. Koch versteht nicht,
weshalb es da Probleme geben solle.
G. Quaas weist darauf hin,
dass die FOCJ sowohl Steuerhoheit als auch Zwangsgewalt haben sollen und dies
bei Überlappungen ein Zuständigkeitsproblem gäbe.
C. Pferner vermutet, dass bei
Frey unter „Steuern“ Beiträge verstanden werden.
G. Quaas spitzt sein Frage
zu: Wie ist Zwangsgewalt bei sich überlappenden FOCJ möglich?
R. Koch will das Konzept so
verstanden wissen, dass man Mitglied eines Staates bleibt. Als Beispiel für ein
Monopol für Fernreisen wird die Deutsche Bahn angeführt. Es hätte Vorteile für
die Reisenden, wenn es mehrere Anbieter gäbe.
In diesem Zusammenhang werden
folgende Fragen diskutiert: Warum muss man Mitgleid eines Fernreisefocus sein,
wenn man reisen möchte? Gibt es Aufnahmeregeln? Wird dadruch nicht die soziale
Selektion verstärkt (J. Hochscherf)?
F. Quaas stellt fest, dass
durch die FOCJ der Gemeinschaftsgedanke verloren gehe.
R. Koch und S. Najort meinen,
dass es auch einen Umverteilungs-Focus geben könne, der die sozialen Interessen
ausgleiche, zum Beispiel einen mit Namen „Wirtschaftsförderung Ost“. Außerdem
sei durch eine Vielzahl von FOCJ ein Mehr an Demokratie gegeben.
J. Hochscherf diskutiert noch
die Frage konkurrierender FOCJ an. Es wird aber nicht als besonders
problematisch angesehen, wenn ein Focus pleite geht.
G. Quaas versucht,
zusammenzufassen, was von der Idee bleibe: Steuern seien Gebühren, Beiträge
oder gewöhnliche Bezahlungen von Leistungen. FOCJ könnten keine Zwangsgewalt
haben und damit Staaten nicht ersetzen. Sie seien nichts anderes als Vereine
und Unternehmen, die es jetzt schon gibt.
J. Tomaschky knüpft an J.
Hochscherf an und fragt nach der Existenz von Elite-FOCJ.
F. Pescht fragt nach der
Existenz der Bundesländer und wer befugt sei, die Mitgliedschaft von Staaten zu
entscheiden.
R. Koch und S. Najort weisen
auf die Vorteile hin, die Bruno Freys Konzeption hätte: Die Türkei bräuchte
kein Mitglied der EU sein, könnte aber wirtschaftlich assoziiert werden.
G. Quaas verweist auf
Großbritannien, das jetzt schon eine Sonderrolle spiele.
5. Reflexion über den
Verlauf des Erwägungsseminars
A. Erdmann kritisiert, dass –
mit Ausnahme des heutigen Seminars – die letzten Sitzungen sehr monologisch
verliefen.
G. Quaas räumt ein, dass er
in den letzten Sitzungen zu dominant gewesen sei. Dies hing seiner Meinung nach
aber mit dem Klärungsbedarf einiger Spezialfragen zusammen.
M. Mehlhorn erklärte sich
bereit, die Spezialfragen zum Aufsatz von von Sell und Sauer zu klären.
6. Beschlüsse
In der nächsten Sitzung
werden die folgenden zwei Punkte behandelt:
Sell und Sauers Aufsatz (M.
Mehlhorn)
Zum europäischen
Rettungssschirm (EFSM) (M. Elias)
Vorbereitet werden folgende
Themen:
New Austrians (J. Tomschky)
Kritik an Baader (M.
Rossberg)
Schuldenbremse (K. Zalewski)
J. Hochscherf kanzelt sein
zweites Thema und konzentriert sich auf Argentinien.
Protokollant:
G. Quaas