Protokoll zum Erwägungsseminar „Globalisierung“ 9. Sitzung (10.06.2011)

 

Anwesende: 9 + 2

 

Moderation: niemand

 

Protokoll: Th.Krause

 

 

Tagesordnungsvorschlag:

 

1. Nochmaliger Aufruf des Kurzprotokolls der 7. Sitzung

 

2. Nochmaliger Aufruf des Protokolls der 7. Sitzung

 

3. Bestätigung des Kurzprotokolls der 8. Sitzung

 

4. Diskussion des 8. Kapitels und der Ergänzung der Analysetafel

 

5. Aufgaben für die nächste Sitzung

 

Die vorgeschlagene Tagesordnung wird mit dem Zusatz „7. + “ gebilligt.

 

Zu 1: keine Änderungen.

 

Zu 2: keine Änderungen.

 

Zu 3: keine Änderungen.

 

Zu 4: Das Statement zum 7. und 8. Kapitel gibt F.Arglist: China werde idealisiert: eine Beschreibung der sozio-ökonomischen Faktoren fehle, zum Beispiel die Wanderarbeiter. R.Scholz möchte wissen, worin die Kritik bestehe. Die Wanderung vom Land in die Stadt sei ein normaler Vorgang bei einer Industrialisierung. D.Rodrik berücksichtige diese Prozesse nicht ausreichend (F.Arglist). Der Preis der Entwicklung werde so nicht deutlich (F.Quaas). K.Goeller weist darauf hin, dass China keine rudimentären kapitalistischen Voraussetzungen vorgefunden habe. G.Quaas erwidert, dass auch die Nicht-Entwicklung einen Preis habe. Die Berücksichtigung sozio-ökonomischer Faktoren würde eine umständliche Abwägung erfordern, die nur bei einer beabsichtigten Fallanalyse erforderlich wäre. Es käme Rodrik auf Darstellung grundlegender Strategien an. In China sei dies die Industrialisierung und Marktöffnung, um den sozialpolitischen Zielen näher zu kommen. F.Quaas betont, dass die sozioökonomischen Bedingungen zu einer Charakteristik des Wirtschaftsstile gehören. China habe die Regeln situationsabhängig angepasst – nach dem Tryal-and-Error-Verfahren und in kleinen Schritten. R.Scholz sieht in einer selbstbestimmten Politik die Erfolgsbedingung für wirtschaftliche Entwicklung. K.Müller weist darauf hin, dass ein Ein-Parteien-System einen anderen Spielraum für wirtschaftspolitische Maßnahmen habe als eine Demokratie. Scholz, an G.Quaas gewandt, will wissen, wieso man der chinesischen Führung unterstellen kann, dass sie das Volk satt machen will. K.Goeller verweist auf die Legitimation einer Regierung, die in jedem Land unterschiedlich sei. G.Quaas ergänzt durch Hinweis auf die Rolle der Ideologie, die eine ständige Drohung mit repressiven Maßnahmen oder gar eine permanente Anwendung von Gewalt überflüssig mache. Diese stabilisierende Funktion der Ideologie versage aber, wenn  sozialpolitische Ziele nicht erreicht werden. R.Scholz unterstreicht die Rolle von Unterdrückungsmaßnahen, die in China zusätzlich angewandt werden. Das wird nicht bestritten. C.Behnisch sieht in der (notwendigen) Aktivität des Staates die Botschaft D.Rodriks. G.Quaas meint, dass der Kern der Theorie D.Rodriks in der Beschreibung der Bedingungen besteht, von denen Märkte abhängig sind. Goeller präzisiert: Wenn Politiker für ihre Volkswirtschaft handeln, dann sollten sie sich selber die Erfolgsbedingungen suchen können. Das Endresultat der europäischen Entwicklung lasse sich nicht umstandslos auf die Entwicklungsländer übertragen. F.Quaas ergänzt: Anstelle neoliberaler Ordnungspolitik setze D.Rodrik auf die Einheit von Ordnungs-, Struktur und Prozesspolitik. R.Scholz kritisiert, dass dabei ein ähnlicher Fehler passiere: nur dass jetzt nicht der Markt, sondern der Staat idealisiert wird. Der Protektionismus werde empfohlen. K.Müller bestreitet dass, Rodrik empfehle keinen pauschalen Protektionismus, sondern ein länderspezifisches Handeln. R.Scholz wirft als Gegenbeispiel die von Rodrik (vermeintlich oder wirklich) empfohlene Import-Substituierung (ISI) ein. Er zeige auf, dass alle erfolgreichen Länder entweder die ISI oder Exportsubventionen betreiben. K.Goeller macht darauf aufmerksam, dass D.Rodrik von türkischer Herkunft sei und deshalb eine andere Perspektive auf die Entwicklungsländer haben könne. Er hinterfragt die Eigeninteressen der entwickelten Länder. Der Überlegung, ob den entwickelten Ländern etwas verloren gehe, wenn die anderen aufschließen, und ob die von ihnen verfolgte Entwicklungspolitik einem Interessenkonflikt unterliege, wird widersprochen. M. Essers unterstützt Göllers Überlegung, indem sie das marketingstrategisch erfolgsnotwendige Monopolstreben am Beispiel eines Konzerns verdeutlicht. G.Quaas verweist auf den Niedergang des britischen Weltreiches, der nicht damit endete, dass England eine Kolonie Indiens geworden wäre. – Selbst wenn man unterstellt, dass Monopole die vorherrschende Unternehmensform sind, müsse man doch eine Vielheit von Monopolen annehmen, die ihre Produkte über den Markt austauschen. Deshalb bestehe auch unter diesen Bedingungen ein Interesse, die Entwicklungsländer in die globale Marktwirtschaft einzubeziehen. Th.Jensch äußert sich aus politikwissenschaftlicher Perspektive: Wenn die Entwicklungsländer nicht aufschließen, werde verstärkt Migration in die „leuchtenden Länder“ (Satellitenbild? – G.Q.) einsetzen. Der Zusammenbruch der nordafrikanischen Staaten erhöhe die Gefahr für Europa, überrannt zu werden. Strategie sei: Die Entwicklungsländer sollen sich bis zu dem Punkt entwickeln, bei dem ein Brain-Drain lohnend sei, die allgemeine Migration aber noch nicht einsetze. K.Müller ergänzt den Kreis der Gegenargumente durch den öffentlichen Druck in den entwickelten Länder, der ein altruistischeres Verhalten gegenüber den wenig entwickelten Ländern verlange. L.A.Wiengarten fragt, welche Konsequenzen sich aus den Thesen K.Goellers seiner Meinung nach gezogen werden sollten. R.Scholz postuliert: Beides sei möglich: Die seltenen Erden haben und gleichzeitig die Entwicklung anderer Länder unterstützen zu wollen.

 

Zu 5: Lesen des Kapitels 9. und 10. Kapitels.

 

Protokollant:

G. Quaas