Kurz-Protokoll zum Erwägungsseminar „Globalisierung“ 9. Sitzung (10.06.2008)

 

sowie

 

Inhaltliche Ergänzungen vom Protokollanten in eckigen Klammern

 

Moderation: F. Quaas

 

1.Vorschlag der Tagesordnung (wie beschlossen; siehe unten)

 

2. Beschluss-Kontrolle und Hinweise

 

Entschuldigt: 2

Kurzprotokoll #8: keine inhaltlichen Hinweise

 

3. Die Replik

Statement: keines

 

Die Diskussion der Replik konzentrierte sich auf die Frage, wie Ulrich das Primat der Moral über den Nutzen begründet. F. Quaas legte dazu eine Folie über die Entwicklungsstufen des Moralbewußtseins (nach Lawrence Kohlberg 1981) vor, die dazu dienen sollte, die Replik von Ulrich auf Dietzfelbinger besser zu verstehen. Demnach läßt sich die Integrative Wirtschaftsethik auf der höchsten Stufe der Moral verorten, auf der die Achtung der Würde aller Menschen an die Stelle von Nützlichkeitserwägungen tritt.

 

Gegenüber dieser psychologischen (ontogenetischen) Begründung des Vorranges der Moral wurde von G. Quaas der Standpunkt vertreten, dass es weder psychologische noch ontologische Sachverhalte geben kann, die das Primat der Moral begründen oder „wissenschaftlich beweisen“. Ob man neben Nützlichkeitserwägungen auch moralische Überlegungen heranziehe, um das eigene Handeln zu begründen, sei eine Frage der Entscheidung. Niemand könne dazu gezwungen werden, moralisch zu handeln, [weder durch Gesetze, die von Menschen gemacht werden, noch durch Naturgesetze. Dies ist Ausdruck der menschlichen Freiheit.] Die Frage, warum man einen „moral point of view“ einnehmen sollte, ergibt sich aus reinen Nützlichkeitserwägungen: Derjenige, der auf Moral verzichtet, habe bei der Begründung und Verteidigung seiner Handlungsweise ein argumentatives Defizit.

 

Die Diskussion kreiste dann wieder um die Frage, ob die Ökonomik normative, insbesondere ethische Orientierungen impliziere. Hierzu wurde wiederum der Standpunkt vertreten, dass die Ökonomik in ihrer „tiefsten“ Kernstruktur, zu der wir nach Ulrich vorstoßen müssen, um sie kritisch zu reflektieren, nur deskriptive Sätze enthalte und darum keine ethische Orientierung bieten könne. Insofern könne man die Auseinandersetzung zwischen der Homann-Schule und Ulrich mit einem Bild vergleichen, das Immanuel Kant verwendet: Der eine versuche, den Bock zu melken, während der andere darauf bestehe, dass ein Sieb untergehalten werden müsse.

 

Die Diskussion nahm diesmal folgende Wendung: Angesichts der Tatsache, dass die Kernstruktur von Theorien eingebettet ist in ein Netz von Begriffen, Aussagen, Wertungen, Handlungsanweisungen etc. (siehe die Kritik von C. Keller an G. Quaas) könne man Erwägen, wie eng oder wie weit man den Theoriebegriff fassen möchte. Die Frage, was man gewinne, wenn man den Theoriebegriff so weit fasst wie Ulrich und die Homann-Schule, blieb unbeantwortet. Wenn man den Theoriebegriff so eng fasse, dass darunter nur deskriptive Sätze fallen, dann ergeben sich daraus u.a. folgende Konsequenzen: (i) die kritische Reflexion der Ökonomik durch die Integrative Wirtschaftsethik wäre gegenstandslos (ii) Die Kritik an der Homann-Schule müßte in ganz anderer Weise geführt werden, nämlich wissenschaftstheoretisch und (iii) in ethischer Hinsicht durch den Nachweis naturalistischer Fehlschlüsse. (iv) Man sähe sich in diesem Falle dem Vorwurf ausgesetzt, sich gegen lebenspraktische Probleme abzuschirmen, müsse also (v) positiv nachweisen, dass man die moralischen Probleme, die eine Marktwirtschaft mit sich bringt, auch von dieser Prosition aus ethisch behandeln kann. [Fasst man den Theoriebegriff etwas weiter und läßt zu, dass er auch normativ-ethische Aspekte beinhaltet, so ergibt sich daraus eine weitere (Unter-) Alternative: Da Theorien vor allem hinsichtlich ihrer sachlichen Gültigkeit (Wahrheit) abgesichert werden, ergibt sich der sachliche Zwang, so zu handeln, wie es die ökonomische Theorie empfiehlt: man landet in der Homann-Schule. Oder aber man fordert, dass eine Theorie nicht nur sachlich, sondern auch mit Hilfe ethischer Methoden moralisch abgesichert werden muss. (Dies scheint die Intention Ulrichs zu sein.) Das wiederum bedeutet, Denkmöglichkeiten moralisch zu bewerten, zu unterdrücken und gegebenenfalls auch auszuschliessen (Primat der Moral). Eines der elementarste Menschenrechte, ausgedrückt in dem Satz „die Gedanken sind frei“ wäre verletzt.]     

 

4. Beschlüsse:

Dietzfelbinger-Kritik lesen

 

5. Hinweise:

Vorlesung über Richard M. Hare steht im EcoEco.

 

Protokollant:

G. Quaas