Kurzprotokoll zum Erwägungsseminar „Globalisierung“ 8. Sitzung (12.06.2009)

 

Anwesende: Siehe Teilnehmerliste!

 

Protokoll: keines

 

Moderation: F. Arglist

 

Tagesordnung:

 

1. Bestätigung des Kurzprotokolls der 7. Sitzung (5.06.2009): ohne Einwände erfolgt.

 

2. Kurylyszyn-Papier: vertagt

 

3. Leipold-Kritik

 

Es liegt eine schriftliches Statement von R. Scholz vor (siehe Kritiken 2. Stufe).

 

R. Scholz behauptet, (i) dass Altvaters Darstellung gegenüber der von Leipold Analysevorteile hätte und (ii) die Ausführungen über den calvinistischen Geist etc. als Ergänzungen betrachtet werden könnten. Die Behauptung (i) wird so verstanden, dass der Ansatz von Leipold mehrere Entwicklungsstränge zusammenbindet, die keinem einheitlichen Erklärungsmuster zugeordnet werden können. G. Quaas weist darauf hin, dass auch die Marxsche Darstellung eine Reihe von Randbedingungen enthält, die nicht immanent erklärt werden können (Industrialisierung, doppelt freier Lohnarbeiter, ursprüngliche Akkumulation des Kapitals). Er stimmte Scholz These (ii) zu, dass die Erklärungen anderer Voraussetzungen der Gesellschaftsformation ergänzt werden könnten und müßten. K. Schubert erläutert, dass Max Webers These durch Leipold (und oft auch durch andere) überzogen wiedergegeben wird. In der weiteren Diskussion stellt F. Quaas klar, dass Leipold in (8) eine inhaltlich umfassendere Darstellung der Weberschen Erklärung des Kapitalismus liefert. K. Schubert sieht in (3) und (8) einen anderen Entbettungsbegriff als in (2), der dem von Altvater und Polanyi entspricht. Zu der Frage, ob der Entbettungsbegriff in (2) nur übernommen wird, um die entsprechenden Thesen zurückweisen zu können, konnte keine einheitliche Position gefunden werden. Der Entbettungsbegriff in (3) und (8) (Entbettung des Ökonomischen aus politisch-absolutistischen Fesseln) sei dagegen eindeutig positiv und habe Ähnlichkeiten zu dem von Elsenhans verwendeten. (Dem wurde im Seminar nicht weiter nachgegangen.) Zur Klärung der Frage, wie sich Leipold die Entbettung systemtheoretisch vorstellt, entwarf K. Schubert an der Tafel etwa folgendes Schema:

 

(i) undifferenziertes Gesellschaftssystem = hypothetischer Urzustand

Schritt (i) à

(ii) Differenziertes System von gleichrangigen Teilsystemen Politik, Recht, Ökonomie etc.

Schritt (ii) à

(iii) Differenziertes System, in dem das Subsystem Ökonomie über alle anderen dominiert.

 

R. Scholz stellt in Frage, ob Leipold den Schritt (i) mitgehen würde. Punkt (i) wird nach kurzer Diskussion aufgrund der von Leipold gelieferten Erklärungsansätze abgeändert in

 

(i) differenziertes Gesellschaftssystem, in dem die Politik die Dominanz hat

 

F. Quaas weist darauf hin, dass Leipold in (3) die mit Schritt (ii) verbundene Ausdifferenzierung anerkennt. Das wirft implizit die Frage auf, wie sich ein bereits ausdifferenziertes System ausdifferenzieren soll. Desweiteren wird darauf hingewiesen, dass Leipold in (10) ein durchgängiges Primat der Politik unterstellt, so dass zwischen (i) und (iii) kein Unterschied mehr besteht.

 

Der Vorschlag von G. Quaas, durch ein differenzierteres Modell (Unterscheidung zwischen „letztlich bestimmend“ und „dominant“) aus der Sackgasse zu kommen, wurde nicht aufgegriffen. 

 

Die widersprüchlichen Interpretationen wurden Leipold zugerechnet.

 

Die These, dass die multistrukturelle Erklärung des Kapitalismus durch Leipold in das Basis-Überbau-Schema eingeordnet werden kann, wenn man auf die funktionelle Passfähigkeit der von Weber herangezogenen Strukturen zu den Reproduktionserfordernissen des Kapitals hinweist, löste zumindest beim Moderator Erstaunen aus.  

 

An diese Problematik anknüpfend wurde die Behauptung, dass im Seminar hinsichtlich der Unersetzbarkeit von Politik, Recht, Kunst, Wissenschaft etc. durch die Ökonomie bereits Konsens erreicht wurde (siehe auch Leipold 9) von fast allen anderen Teilnehmern (insbesondere M. Klein, R. Scholz, F. Arglist) massiv in Frage gestellt und letztlich zurückgewiesen. Dabei stützte man sich auf die (von niemandem bestrittene) These des Einflusses, den die Ökonomie auf die anderen Teilsysteme ausübe, und auf einen eng ausgelegten Begriff der Autonomie, die angesichts des Einflusses der Ökonomie faktisch nicht gegeben sei.

 

 

4. Beschlüsse:

 

Diskussion des Kurylyszyn-Papiers

allgemein: Küttler-Kritik vorbereiten (lesen)

P. Gärtner bereitet Elsenhans für die vorletzte Veranstaltung vor (Problembearbeitung).

M. Klein beschäftigt sich mit der Frage der Eliten (?) in Elsenhans Darstellung (vorletzte Veranstaltung).

F. Arglist teilt seinen Kritikgegenstand bis nächste Woche mit.

Kurylyszyn bereitet eine Erwägungsfeldmatrix zum Begriff „Kapitalismus“ vor.

G. Tarantini bereitet eine Kritik an Altvater vor.

J. Großmann ist noch unentschieden.

 

Für die Richtigkeit:

G. Quaas