Kurzprotokoll zum Erwägungsseminar „Globalisierung“ 7. Sitzung (23.11.2012)

 

Anwesende: siehe  Liste

 

Moderation: niemand

 

Protokoll: niemand

 

Tagesordnung:

 

1. Kurzprotokoll der sechsten Sitzung

 

2. Diskussion zum 6. Kapitel

 

3. Festlegungen

 

 

Zu 1: Kurzprotokoll zur sechsten Sitzung: ohne Änderungen bestätigt.

 

Zu 2: Diskussion zum Kapitel 6

 

[Erläuternde Anmerkungen vom Protokollführer in eckigen Klammern]

 

Nach Verlosung gibt F. Quaas das Statement. Dabei stellt sie die These Sarrazins in den Mittelpunkt, dass Marktversagen [im Kern] stets Staatsversagen ist. Die Diskussion zu diesem Thema durchzieht fast das gesamte Seminar. Nach einigen Präzisierungen auf dem Hintergrund historischer Erfahrung schält sich folgender, weitgehend konsensualer Standpunkt heraus:

 

Existenzbedingung eines Marktes ist der Repekt vor dem Eigentum des anderen. In der Regel muß das Eigentum durch den Staat garantiert werden. Historische Ausnahmen stellen Situationen dar, in denen ein annäherndes Machtgleichgewicht herrscht, so dass es den Beteiligten vorteilhafter erscheint, das Eigentum des anderen zu repektieren. Geht man vom Regelfall aus, so ist der Markt von vornherein durch Regeln geprägt, die der Staat garantiert. Daraus folgt, dass nur der Staat in der Lage ist, bei einem Versagen des Marktes die Regeln zu ändern. Insofern trifft es zu, dass ein Marktversagen im Kern stets ein Staatsversagen ist (Sarrazin 266): in diesem Fall müssen die Regeln korrigiert werden, wahrscheinlich nach der Methode „Versuch und Irrtum“. Die Behauptung, dass der Markt ein Set von [staatlich gesetzten] Regeln ist, impliziert demnach eine theoretische Position, die von den meisten Ökonomen nicht geteilt wird, [die da meinen, der Staat solle sich aus dem Marktgeschehen heraushalten, indem sie generell die Legitimation von Staatsinterventionen in Frage stellen.]

 

[Zu dieser theoretischen Position gehören auch die folgenden Thesen:

(i) Es gibt keinen moralfreien Markt. Die simple Moral des Marktes ist der Respekt vor dem Eigentum des anderen. Diese These beschreibt folgenden hypothetischen Imperativ: „Wenn du mit Gütern handeln willst, dann respektiere das Eigentum der anderen!“ Weniger präzise lässt sich dies – unter Abstraktion von der besonderen Situation eines mit Gütern Handelnden – auch als einfacher Imperativ formulieren: „Respektiere das Eigentum des anderen!“ Diese Imperative sind im Sinne der Moraltheorie Richard M. Hares begründbar, indem man einen Rollentausch vornimmt. Ihre moralische Qualität wird beispielsweise durch das Auftauchen ähnlicher Forderungen in verschiedenen Religionen belegt.

(ii) „Eigentum“ ist eine gesellschaftliche Kategorie, die einen gewissen Schutz voraussetzt. In zivilisierten Gesellschaften übernimmt diesen Schutz (wie Gerard Radnitzky und andere meinen: vor anderen Räubern) der Staat.]

 

In der Diskussion stellte sich heraus, dass der Begriff des Marktes expliziert werden sollte. Das Ergebnis dieser Bemühungen sieht so aus: Der Markt ist ein Ort, an dem der Tausch von Gütern (Sachgüter und Dienstleistungen) stattfindet. Unter Tausch ist eine Handlung zu verstehen, deren Regel in der Gegenseitigkeit des Gebens (und Nehmens) besteht: Gut A wird nur unter der Bedingung hergegeben, wenn man dafür das gewünschte Gut B erhält.

 

[Die Tauschregel gehört demnach zum Kern des „Sets von Regeln“, die den Markt ausmachen. Die Eigentumsregel gehört ebenfalls dazu, hat aber übergeordnete Bedeutung. Beide Regeln zusammen stellen sicher, dass trotz fixer Eigentumsverhältnisse und der damit festgezurrten Zuordnung von Gütern zu bestimmten Personengruppen ein gesellschaftlicher Stoffwechselprozess ermöglicht wird.]  

 

Weiteren Schwerpunkt bildeten die folgenden Themen: das Trennbankensystem, die Weltwirtschaftskriese 1929 ff., die Anwendbarkeit des Blasen-Begriffs auf die Situation in den USA der 20er Jahre sowie auf die Export-Industrie Chinas, die Kausalität zwischen Vollzuteilungspolitik und der Störung des Interbankenmarktes.

 

Zu 3: Kapitel 7 bis S.328 lesen, die Erwägungstafel ergänzen.

 

Die Einteilung der Erwägungstafel nach Kapitel wurde zugunsten der sachlichen Nähe der Eintragungen aufgehoben. Stattdessen soll bei Bezugnahmen auf Sarrazin neben der Seitenzahl in römischen Ziffern die Kapitelnummer angegeben werden.

 

Protokollant:

G. Quaas