Protokoll 6 (SoSe2007)

Erwägungsseminar „Ökonomische und Politische Bedingungen der Globalisierung“

Protokoll zur Sitzung vom 24.05.2007



Anwesende: Martin Wildau, Alex Künstner, Friedrun Quaas, Christian John, Susanne Schmied, Nadine Schenker, Julian Baumgärtel, Christina Fischer, Aileen Flöth, Eva-Maria Schenk, Georg Quaas , Felix Wilke, Ulrike Sieler, Markus Karig

Protokollant: M.Karig

Organisatorisches: Die Sitzung wird durch F.Quaas eröffnet. Die erneuerte Begriffsliste soll in das Wiki eingestellt werden. Das Losverfahren wird für diese Sitzung ausgesetzt.

Präsentation:

S.Schmied präsentiert die Kritik von Christoph Lütge und geht besonders auf dessen Unterscheidung und Vergleich von Libertären und Vertragstheoretikern ein. Sie modelliert die zwei Kernfragen Lütges heraus: Ist der Staat notwendig? Läßt sich der Staat legitimieren? Lütge bejaht beide Fragen und verteidigt den langfristigen Gewinn der Gesellschaft durch die Institutionen des Staates. Ebenso weist S.Schmied auf die größere Bedeutung zwischen Regeln und Handeln bei Lütge hin, anders als Radnitzkys Regeln und Metaregeln. Damit lehnt Lütge den Sündenfall kollektiver Entscheidungen ab.

G.Quaas trifft ein.

Diskussion:

Ein Tafelbild wird erstellt (P-T-W-Schema) und im Verlauf der Seminarsitzung weiter ausgearbeitet (Protokoll Anhang I).

J.Baumgärtel verweist auf den methodologischen Individualismus und darauf, dass die Größe der Gemeinschaft entscheidend ist und die Entscheidungen kleinerer Gruppen nicht auf große Einheiten übertragen werden können.
S.Schmied fordert die Konzentration des Diskurses auf die Wichtigkeit der Vertragskonventionen.
F.Quaas bestätigt die Aussage S.Schmieds zu der Rolle der Vertragskonventionen bei Lütge und das Verhältnis Staat-Individuum. Die Vertreter einer solchen Konvention haben Gemeinsamkeiten.
G.Quaas merkt an, dass bei der Kategorisierung der Kritiken in das P-T-W-Schema dasselbe Problem wiederholt auftritt: Theorien müssen auch als Phänomene anerkannt werden.
F.Quaas widerspricht und sieht eine Lösung des Problems in der 2.Spalte: Eine Aussage über das Verhältnis Staat-Individuum wird durch Vertragstheorien und libertäre Theorien erklärt. F.Quaas fragt nach Bezügen zu Theoretikern, M.Wildau nennt Bezüge zu Buchanan, Homann, Suchanek als Vertragstheoretiker. F.Quaas ordnet Radnitzky in die libertären Theoretiker ein.

Als weitere Schwerpunkte und den Vertragstheoretikern zuordenbar werden aus Lütges Argumentation genannt: moralisierende Ansätze (C.Fischer), produktive Institutionen (A.Künstner) und keine letzteren Ziele (E.-M.Schenk).
G.Quaas verdeutlicht Lütges Stellung zu den Vertragstheoretikern: Radnitzky ((8.10)) sieht den Staat als abstrakte Entität wobei er den dem Staate zugrunde liegenden Vertrag vernachlässigt, den Individuen aus persönlichen Anreizen miteinander schließen. Lütge hingegen sieht ((3)) die Grundlage gemeinsamer Interessen und ((7)) den Vertragsschluss der Bürger miteinander für gemeinsame Interessen.
F.Quaas sieht jedoch keine anfängliche Wertung der Theorien durch Lütge, zugunsten eines bestimmten Lagers. Die eigene Positionierung Lütges werde durch Fragen eingeleitet.
F.Wilke zeigt auf, dass Kollektiventscheidungen Lütge folgend auch moralisch sein können und fragt, ob sie ((3)) nicht auch erlaubt sein sollten. Dies steht gegensätzlich zu Radnitzkys Auffassung.
A.Flöth stimmt zu, zitiert aus ((3)) Lütges Kritik.
Die Diskussion vertieft sich zunehmend in Fragen über die Moral. Moral findet sich in Regeln (S.Schmied) und Handlungen basieren auf Regeln (M.Wildau), wodurch sich auch moralische Entscheidungen, Handlungen ergeben. G.Quaas kritisiert, dass Lütge nicht von Moral spricht und der Zusammenhang zwischen Kritik und Diskussion fehlt.
Die Diskussion verlagert sich nun auf die Problematik der Kollektiventscheidungen. Sofern Regeln moralisch sind, stellen sie keinen Sündenfall dar (S.Schmied). G.Quaas wendet ein, dass vieles nicht erlaubt sei, aber dennoch nicht gleichzeitig unmoralisch sein müsse. C.Fischer meint, Regelverstöße müssen möglich sein.

G.Quaas: Regeln als solches stellen kein Moralsystem dar. Lütge kritisiert an Radnitzky, dass dieser nur seine moralischen Werte gegen den Staat einsetzt, R. verfällt dem Fehlschluss, er habe die Moral auf seiner Seite.
Auf der Theorieebene ist zu fragen, wie Lütge seine Aussage stützt. (F.Quaas) Lütge führt mit seiner Argumentation weg von Moral, er versucht zu zeigen, dass der Staat nicht das Problem ist, sondern dass er mittels einer Kosten-Nutzen-Abwägung eingeschätzt werden muss (G.Quaas). Die Regeln sind ohne Institutionen nicht durchsetzbar (S.Schmied). Die Legitimation ((4)) liegt in dem langfristigen Nutzen der Vertragspartner.

Radnitzkys „Verdammung der kollektiven Entscheidungen“ kann nicht falsifiziert werden, es ist eine Wertung, keine Beschreibung.
C.John fragt, ob der Satz „Der Staat ist unmoralisch“ falsifizierbar sei, was von G.Quaas verneint wird, da sich die Aussage auf die Wertvorstellungen Radnitzkys stützt.

F.Quaas: Lütge lenkt den Fokus auf eventuelle Vorzüge des Staates und bejaht kollektive Entscheidungen. Er widerspricht dem „Rawl’schen Schleier“, nach dem Individuen unter dem Schleier des Nichtwissens Verträge abschließen. Er unterscheidet Handlungen-Regeln-Metaregeln. Seiner Meinung nach bleibt die Moral gewahrt, wenn Entscheidungen über Regeln gefällt werden.
S.Schmied fügt hinzu, dass das Moralisieren eines jeden Einzelnen verhindert wird, indem man die Moral in kollektiv entschiedenen Regeln packt.

Die deontische Argumentationsweise Radnitzkys ist zu kritisieren (M.Wildau). Das Ordnungsprinzip wurde nach oben verschoben, es ist eine Metaebene der Regelsetzung zur Setzung der Regeln notwendig. Darum sind kollektive Entscheidungen kein Problem für Lütge.

Radnitzky wird Etatismus vorgeworfen, denn die Dinge sind nicht so, wie sie erscheinen  Radnitzky sieht den Staat nur als fremd und feindlich. Diese Einseitigkeit und Wertung Radnitzkys wird ihm vorgeworfen (M.Wildau, G.Quaas). Aber der Vorwurf geht weiter: der Staat hat als grundlegende Einheit die Individuen und ist keine Entität aus sich selbst heraus. Lütge greift diese Dogmatisierung, Einseitigkeit auf, zeigt andere Ansätze. S.Schmied fasst zusammen: Staat und Regeln sind wichtig, um Sicherheit zu gewährleisten und deren Durchsetzung.

Es gibt in der Diskussionsrunde Uneinigkeit darüber, ob die Staatsfunktionen aufgrund der Globalisierung schwinden oder nicht (S.Schmied, E.-M.Schenk). Einigkeit herrscht über die Schwierigekeiten bei der Regelsetzung (F.Wilke).

G.Quaas analysiert Lütges Vorgehen: Dieser zeige die Ungereimtheiten bei Radnitzky auf, fehlende Erklärungen und Begründungen. In seiner theoretischen Argumentation ist Lütge stimmiger als Radnitzky, der in der Replik Lütge nichts anderes als eine Wertung entgegen hält.

Vereinbarungen:

Für die nächste Sitzung sind die Texte festgelegt: Kritiken: Weede, Erich und Volkert, Jürgen.

Eine abschließende Diskussion darüber, ob eine Kritik einer wissenschaftlichen Ausarbeitung entspricht wurde angestossen (E.-M.Schenk). Es gab Unklarheiten über das Bewertungssystem und die Punktevergabe in diesem Zusammenhang. In der nächsten Sitzung wird eine Auslosung für die Einleitung vorgenommen und zusätzlich eine tiefer greifende Vorstellung des Textes durch einen anderen Rezipienten im Anschluss daran durchgeführt.


eingestellt am: 16:31, 4. July 2007 (CEST),M.Karig