Protokoll der Diskussion zum Artikel „Die europäische Zahlungsbilanzkrise“ von Jens Ulbrich und Alexander Lipponer

Anwesenheit: F. Ibe, R.  Wießner, A. Erdmann, M. Mehlhorn, C. Pferner, J. Hochscherf, R. Koch, S. Najort, J. Tomaschky, A. Penetrante, F. Quaas, G. Quaas, Oliver Nießen, (Name unbekannt), I. Zeidler, T. Jensch, (Name unbekannt), K. Zalewski, (Name unbekannt).

 

Nachdem kurz auf den Unterschied zwischen dem Taget1 und dem Taget2 System eingegangen wurden, eröffnete O. Nießen die Diskussionsrunde mit einer kurzen Wiedergaben der Hauptaussagen des Textes und schloss sich im Anschluss der Meinung der Autoren an, dass die Taget2 Salden ein Symptom sind und nicht der Kern des Problems. Auf Grund von Verständnisschwierigkeiten eines Kommilitonen, ging anschließend M. Mehlhorn auf die einzelnen Hauptaussagen des Textes näher ein und erläuterte sie. Nach ihm handelt es sich bei dem Taget2 System um ein Berechnungssystem zwischen den Banken und Europa. Das Problem, welches Hr. Sinn herausstellte, wäre das vermeintliche Ungleichgewicht zwischen den Forderungen und Verbindlichkeiten. So folgerte M. Mehlhorn aus den Aussagen von Hr. Sinn, dass dieser der Meinung ist, dass diese Ungleichgewichte Krediten gleichkommen, die beglichen werden müssen. Die Autoren des Textes halten jedoch unter anderem mit dem Beispiel dagegen, dass Deutschland ein negatives Saldo aufweisen würden, wenn ausländische Banken über ihre Töchterbanken in Deutschland von der Zentralbank Geld holen würden und dann an die Müttergesellschaften transferieren ließen. Folglich sind die Ungleichgewichte ein Spiegel für das Problem auf dem Intrabankenmarkt, weil sich die Banken nicht mehr gegenseitig trauen. Ein direkter Ankauf von Staatsanleihen sozialisiert so die Schulden, was jedoch nicht politisch legitimiert ist und aus diesem Grund nur kurzfristig erfolgen sollte. Des Weiteren erwähnte M. Mehlhorn, die Argumente aus dem Text, dass auch keine Verdrängung der Investitionen durch die Salden stattgefunden hat, sondern, dass die Nachfrage der deutschen Banken nach frischem Geld deswegen nicht so hoch war, weil sie mit genug Liquidität ausgestattet waren. Eine Zinssteuerung der EZB ist jedoch nach den Autoren nicht durch die hohe bereits auf dem deutschen Bankenmarkt befindlichen Liquidität begrenzt, sondern die Einlagenfazilität dient als Untergrenze für die Kreditzinsen und unterläuft folglich nicht die Geldpolitik. Auch ein Clearing im Sinne des amerikanischen Modells ist nicht notwendig, da die EU Wertpapiere bereits von vornherein verzinst sind. M. Mehlhorn schloss seine Zusammenfassung mit dem Argument ab, dass die Salden mit einer Erholung der Volkswirtschaft wieder zurückgehen würden  und stimmte auch diesem zu. 

 

I. Zeidler ergänzte die Ausführung mit einer kurzen Definition von Repo-Geschäften, die eine befristete Überlassung von Werteinlagen also beispielsweise Wertpapieren sind. Nach weiteren Klärungen über kleine Unstimmigkeiten, wie der Korrektur durch S. Najort, dass nicht die Geldmenge gestiegen wäre, wie M. Mehlhorn nach einem Versprecher behauptete, schlug F. Quaas vor, die einzelnen Meinungen strukturiert aufzunehmen bzw. Argumente zu suchen, um so zum Schluss eine Position beziehen zu können. Zeidler kritisierte des Weiteren, dass nicht thematisiert wurden, wie die Liquidität abgeschöpft werden sollte.

 

Zur Diskussionsanregung nahm G. Quaas die Position von Hr. Sinn ein und fragt in Folge dessen, was mit den 440 Mrd. Euro an Forderungen der deutschen Bundesbank an die EZB geschehen würde, falls die Griechen bankrottgehen sollten. I. Zeidler gab daraufhin zu bedenken, dass Forderungen nicht zurückgebucht werden können und auch C. Pferner kritisierte an dem Text der Autoren, dass ein solches Szenario nicht näher beschrieben wurde. G. Quaas führte aus, dass Forderungen doppelt verbucht werden, so würden sich in einem Szenario, wo die EZB wegfällt, die Kunden an die deutsche Bundesbank direkt wenden. Die Forderungen sind dabei das Geld, welches herausgegeben wurde. Damit eine Geschäftsbank Zentralbankgeld erhält, muss sie Sicherheiten hinterlegen. Ohne eine Zentralbank müsste die deutsche Notenbank folglich an die Sicherheiten herankommen, die von den griechischen Notenbanken hinterlegt wurden. J. Hochscherf und M. Mehlhorn beharrten trotz dieses Szenarios darauf, dass die Forderungen weiter bestehen würden. I. Zeidler milderte in einem weiteren Gedankenspiel den Zusammenbruch ab und gab zu bedenken, dass bei einem Wegfall von Griechenland, die EZB nicht zusammenbrechen würde und die Forderungen folglich bestehen blieben, da Griechenland politisch nicht so mächtig sein könne, sich diesen Zahlungsaufforderungen zu wiedersetzen.

 

F. Quaas fragte nach diesen unterschiedlichen Zukunftsmöglichkeiten nach der Verantwortung und von wem diese übernommen werden sollte. J. Hochscherf beantwortete dies mit dem Argument der Autoren, dass es ein Problem der Geschäftsbanken sei, ihm jedoch in Hinblick auf den Text der Zusammenhang zur Leistungsbilanz fehlen würde, so revidierte er seine anfängliche Aussage und kam zu dem Schluss, dass es nicht nur ein Problem der Geschäftsbanken wäre. Er stimmte außerdem mit den Aussagen von Hr. Sinn zum Leistungsbilanzdefizit überein.

M. Mehlhorn gab zu bedenken, dass die Leistungsbilanzdefizite bereits vor dem gestiegenen Ungleichgewicht im Taget2-System vorhanden waren und dass, so seine Interpretation vom Text, das System es nun deutlicher zeigt. G. Quaas zog daraufhin eine erste Zwischenbilanz und sah die Sinn Fraktion nun weiter gestärkt, als zu Anfang der Diskussion. Als weiteren Punkt gab er die Problematik der hohen Inflation zu Bedenken.  (Name unbekannt) ging daraufhin noch einmal auf die Argumentation der Autoren ein und schlussfolgerte, dass die Sicherheiten kein Taget Problem seien, sondern dass es vielmehr nach diesem System unwichtig wäre, wo die Sicherheiten hinterlegt wären. I. Zeidler stellte hingegen dar, dass das eigentliche Grundproblem genau diese fehlenden Sicherheiten wären und dass die Politik hier in ihrem Handeln gefragt wäre.

 

G. Quaas stellte daraufhin die Frage, wieso die griechische Notenbank nicht einfach die Wertpapiere weiter an die deutsche Notenbank weitergeben würde. I. Zeidler antworte mit dem Argument, dass das System nicht so aufgebaut wäre und dass es seiner Einschätzung nach mit der EZB langfristig sicherer ist, als Direktübertragungen. G. Quaas, weiterhin in der Position von Sinn, erklärte noch einmal das Clearing System nach dem Modell der FED, um die Stellungnahme von Hr. Sinn zu begründen, dass nun die Wertpapieren von Griechenland direkt nach Deutschland übertragen werden sollten, damit die deutsche Notenbank die Sicherheiten hat. Anders als beim jetzigen Verfahren, wo die Sicherheiten bei der EZB hinterlegt sind und die daraus gewinnenden Zinsen auf Grund der Idee des Gemeinschaftsprojekts innerhalb der Währungsunion gleich verteilt werden. A. Erdmann fragte aus dieser Aussage, ob auch die Forderungen anteilig abgeschrieben werden. G.  Quaas bejahte dies und bekräftigte, dass Gewinne wie auch Verluste gleichermaßen anteilig umverteilt werden. Für Deutschland wurde daraufhin eine Summe von 27 Mrd. Euro genannt, falls es zu einem Totalausfall der Verbindlichkeiten kommen sollte. G. Quaas machte jedoch auch deutlich, dass eine solche Umverteilung nur stattfinden würde, wenn das System, also die EZB, weiter existieren würde. Im weiteren Verlauf des Gesprächs erinnerte G. Quaas die Teilnehmer weiterhin an einen möglichen Dominoeffekt, falls es wirklich zu einem Ausfall Griechenlands kommen sollte. I. Zeidler kritisierte diese Annahme, indem er darauf hinwies, dass Italien nicht so ein hohes Staatsdefizit hat und daraus fraglich wäre, ob Italien wirklich wackeln könnte. F. Quaas lenkte das Thema wieder auf die Bundesbank und fragte, warum die Bürger für diese Verluste aufkommen sollten. Diese Frage diente zur Anregung von Überlegungen bezüglich möglicher Wechselkurse, falls es zu einem Zusammenbruch der Europäischen Währungsunion kommen sollte. G. Quaas ging näher darauf ein, dass Kapital im deutschen Kollateral fehlen würde, wenn die deutschen Banken auf Grund eines Wegfalls der Forderungen an Griechenland gestützt werden müssten. Auf Spanien und Portugal folgenden würden, wie es Hr. Sinn behauptet, so wäre eine Inflation von 50 Prozent möglich, wobei bereits 10 Prozent ausreichen um eine Zinsspirale nach unten zu verursachen. Die Teilnehmer sprachen sich gegen ein solches Szenario aus, indem sie argumentierten, dass sie starke Position der Gewerkschaften eine Zinsspirale kaum möglich machen würde, G. Quaas widersprach dem aber.

 

M. Mehlhorn kam im Anschluss auf diese Überlegungen zu dem Schluss das der Text wohl politisch motiviert ist und auch G. Quaas stimmte dem zu, dass die Autoren beschwichtigen wollen und so nicht den Fall aufnehmen, was passieren könnte, wenn Griechenland aus der Währungsunion austritt. Auf J. Hochscherfs Frage, wieso Griechenland nicht die Sicherheiten weitergeben würden, äußerte sich G. Quaas, nun nicht mehr in der Position von Hr. Sinn, dass die griechischen Banken selbst in ihren Bilanzen diese Sicherheiten aufweisen müssen. J. Hochscherf regte daraufhin die Diskussion dazu an, eine mögliche Insolvenz des griechischen Staates näher zu betrachten und ob es möglich wäre Staatseigentum zu veräußern. Einem Insolvenzverfahren wie bei deutschen Unternehmen, konnte I. Zeidler nicht zustimmen, da Griechenland souverän wäre und folglich keinem Gesetz unterläge, das dem Staat vorschreiben könnte, etwas zu verkaufen. G. Quaas ergänzte diese Kritik mit dem Hinweis, dass die Verteilung der Eigentumsrechte in Griechenland problematisch wäre in dem Sinne, dass diese nicht eindeutig verteilt sind. Zwischen den Teilnehmern folgte daraufhin eine lebendige Diskussion darüber inwieweit eine Enteignung der Bürger, die Steuer hinterzogen hatten, möglich wäre. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass auf Grund des Schutzes des Eigentums eine Enteignung nicht möglich wäre und desweiteren es auch nicht sicher ist, wer genau beispielsweise Steuern hinterzogen hat.

I. Zeidler zog ein Zwischenfazit und stellte dar, dass es in den überlegten Szenarien zwei Handlungsmöglichkeiten gäbe. Entweder müsste Deutschland eine hohe Inflation akzeptieren, oder die Bürger müssten die Notenbank mit Steuergeldern stützen bzw. Geld „nachschießen“. G. Quaas ergänzte dieses Zwischenfazit mit der Erinnerung an die Bad Bank in Luxemburg, mit der bereits versucht wird die Risiken auszulagern und somit die EZB vor inflationären Tendenzen zu schützen. Kritisch dabei wäre jedoch weiterhin das Moral Hazard Problem und dass Griechenland zwar zu einigen Zugeständnissen bereit gewesen ist, jedoch kaum wirkliche Konsequenzen bisher folgten. M. Mehlhorn fragte daraufhin nach dem Wert Griechenlands und ob das Land überhaupt noch so viel wert wäre gegenüber den anlastenden Forderungen. G. Quaas verneinte dies auf Grund der fehlenden Sicherheiten. Auch eine Stundung wie von J. Tomaschky vorgeschlagen, würde dem Problem von Moral Hazard, laut G. Quaas, entgegenstehen. C. Pferner schlug daraufhin einen Schuldenschnitt und die Anerkennung des Marktwertes des griechischen Staates  vor. T. Jensch ergänzte mit der Überlegung Griechenlands Schulden zu erlassen und dann das Land dem IWF zu unterstellen, sodass es fernverwaltet wird. Doch auch hier widersprach G. Quaas mit dem Argument, dass souveräne Staaten nicht einfach so dem IWF unterstellt werden können. A. Penetrante äußerte die Idee Griechenland einem Quarantänesystem zu unterstellen. Mit der Anerkennung eines solchen Krankheitszustandes, würde sich so nach A. Penetrante, ein größeres Verständnis in der europäischen Bevölkerung für Griechenland bilden und ein Solidaritätsgefühl erhöhen. J. Hochscherf stellte jedoch fest, dass ein solcher Zustand bereits existent wäre und M. Mehlhorn bekräftigte die Problematik des Moral Hazard. I. Zeidler kam so zu dem Schluss, dass es eher ungerecht wäre ihnen zu helfen. Seiner Meinung nach ist eine Hilfe nur solidarisch, wenn es Sinn macht, was bei Griechenland nicht der Fall wäre. So würde es nicht zu einer Steigerung des gesamtwirtschaftlichen Nutzens kommen, sondern die Solidarität würde helfen verkrustete Strukturen beizubehalten. G. Quaas schloss sich dieser Meinung an und verteidigte die Position, dass der Druck auf die Regierung in Griechenland weitergegeben werden sollte. Nach Hr. Sinn müssten die 450 Mrd. Euro gesichert werden,  die Frage wäre jedoch wie es überhaupt möglich ist die Salden zu beschränken.

F. Quaas schloss die Diskussion indem sie festhielt, dass die Anfangsposition, die Kritik an dem Taget2 System sei unberechtigt, weiter Grundlage der gegenwärtigen Position sei.

Auf die Frage, wie es nun weitergehen sollte stimmten die Teilnehmer überein, dass die Diskussion an Schwung verloren hätte und dass zur Analyse der Probleme hinter dem Taget2-System  ein breiteres Theoriewissen nötig wäre.

Folgende Artikel wären daher zur nächsten Sitzung zu lesen:

-         Der Gastbeitrag von P. Bagus zu „Wirtschaftliche Freiheit“ (auch im Erwägungsinitial von EVOECO)

-         Beitrag von Sell und Sauer zur Anwendung der Lehren der Österreichischen Schule auf die gegenwärtigen Probleme

 

Protokoll:

K.M.Zalewski