Protokoll zum Erwägungsseminar „Globalisierung“ 5. Sitzung (22.05.2009)

 

Moderation: F. Quaas / G. Quaas

Protokollant: Julia Großmann

 

Gliederung

1. Protokollbestätigung

2. Statement

3. Diskussion

4. Festlegung des nächsten Diskussionsgegenstandes

 

1: Protokollbestätigung

Das Kurzprotokoll aus der letzten Sitzung vom 15.05.2009 wird bestätigt. Die Bestätigung des Langprotokolls wird auf den 29.05.2009 verschoben. Es wird noch einmal betont, dass beim Statement der Name veröffentlicht wird und im weiteren Verlauf der Diskussion der Protokollant über die Namensnennung entscheidet.

 

2: Statement (über die Kritik von Marlies Krüger) von M. Klein abgegeben

Prinzipiell kann man Krüger nicht zustimmen. Nur im Bezug auf die politischen

Angelegenheiten kann man die Systemkonkurrenz im Kontext der Kulturen annehmen. Es wird ein Widerspruch offen gelegt, was Krüger und Altvater anbelangt.

Krüger versteht, dass Individuen die Chance haben, sich in Protesten gegen den Kapitalismus aufzulehnen. Altvater hingegen erfasst die verschiedenen Ausprägungen, also die Tendenz der Entbettung. Das bedeutet Kapitalismus steht über Allem. Im Bezug auf die Proteste, sollten gerade in den Industriesaaten diese größer sein, da die Differenzierung auch größer zu sein scheint. An dieser Stelle kommt die Problematik von exogen vs. endogen zum Tragen.

 

Als Ergänzung warf Frau Prof. F. Quaas auf, dass es einen zweiten Widerspruch gibt: -> Krüger spricht von Einbettung, -> Altvater spricht von Entbettung

 

3: Diskussion

(1) Ein neuer Versuch den Entbettungsbegriff zu definieren

Von der diskutierenden Gruppe wurde zugestimmt, dass bislang noch kein Konsens über den Begriff der Entbettung getroffen wurde. Die erste Meinungsäußerung welche abgeliefert wurde ist, dass gesellschaftstheoretisch der

Begriff der Entbettung unsinnig erscheint. Die Beschreibung sei symbolisch zu verstehen und nicht Wort wörtlich aufzufassen. Der Begriff ist folglich so zu verstehen, dass die Ökonomie sich gegenüber allen Subsystemen behauptet und durchsetzt. Anders gesprochen dominiert die Ökonomie. Jedoch ist anzumerken, dass nach wie vor eine Beständigkeit von Politik, Kultur etc. bestehen bleibt.

 

Er wird noch einmal am Text festgehalten und gesagt, dass der Entbettungsbegriff im

Hauptartikel zu weit gefasst ist. Jedoch schränkt bzw. spezifiziert Altvater in seiner Replik diesen ein, und spricht von einer relativen Autonomie der Subsysteme. Weiter wird angemerkt, dass er in der Replik, 4 Entbettungsthesen aufstellt.

 

Ein Teil der Gruppe äußert sich kritisch über das Wort der Dominanz und hält es an dieser Stelle für unangebracht. Wenn Mechanismen des einen Systems auf die anderen wirken, kann nicht von Dominanz gesprochen werden. Weiterhin wird das Wort Entbettung der Interpretationsfrage ausgesetzt. Es wird das Eingeständnis gemacht, dass es für jeden Einzelnen schwierig erscheint, da der Begriff in so viele Richtungen aufgefasst werden kann.

 

Wieder wurde von einem Diskussionsteilnehmer an dieser Stelle die Frage aufgeworfen, was denn unter dem Begriff der Entbettung zu verstehen sei: Die Antworten befassen sich mit verschiedenen Aspekten.

 

- Ein Teil der Teilnehmer versteht Entbettung, dass Entscheidungen getroffen werden, die auf andere eine enorme Macht ausüben. Der Kapitalismus hat sich entbettet, indem er sich globalisiert hat.

- Eine weitere Betrachtungsweise bezieht sich auf die Politik. Die Ökonomie hat sich

soweit behauptet, dass sie über der Politik steht. Es kann auch von einem Machtgefüge der Ökonomie über die Politik gesprochen werden.

- Weiter kann auch davon gesprochen werden, dass die Politik durch das Geld

beschränkt ist. Somit ist der Entbettungsbegriff an das Geld gekoppelt. Die Macht des Geldes ist Teil der Ökonomie und hat eine Stellung erlangt, die jetzt wie die „Sonne“ auf alles scheint. Das Geld steht quasi über allem Anderen. Somit steht das Geld über Politik und es kann von einer sogenannten Verselbständigung gesprochen werden.

 

An dieser Stelle wurde die Frage aufgeworfen, ob wir nicht schon immer von der Ökonomie abhängig gewesen seien? Im Bezug auf das Geld, gibt es einen

Literaturhinweis zu einem Buch von Polanyi. Dort wird beschrieben, dass das Geld

nicht immer dominant gewesen ist.

 

- Ein weiterer Teilnehmer ist der Auffassung, dass das aktuelle System aufgrund der

neuen Erkenntnis eine neue Logik erfordert und wir uns schon wieder auf dem Weg

der Einbettung befinden. Diese Auffassung wurde jedoch von dem Rest der Gruppe

nicht geteilt.

- Metaphorisch wurde der Begriff so aufgefasst, dass man etwas aus einem Rahmen

heraushebt und somit die Grenzen auflöst. Doch es wurde gleichzeitig angemerkt, dass es doch Grenzen gibt, wie bspw. die Natur.

 

Zusammengefasst wurden aus allen abgegebenen Statements 3 Mechanismen benannt, auf die man sich einigen könnte:

1. Wechselwirkung zwischen den Subsystemen

2. Durchdringung

3. Einflussnahme auf andere Systeme

 

(2) Im Bezug auf den Entbettungsbegriff, entwickelte sich die Diskussion über die Begriffe Verdinglichung und Entfremdung

 

In der Diskussion wurden in der Gruppe drei Standpunkte vertreten:

1. Verdinglichung und Entfremdung sind Bestandteil des Kapitalismus

2. Verdinglichung und Entfremdung werden durch den Kapitalismus abgeschafft

3. Verdinglichung und Entfremdung sind ganz allgemein menschliche

(anthropologische) Probleme, die mit der Eigenart des Kapitalismus nur wenig zu tun

haben

 

Zum 1. Standpunkt:

Die erste vertretene Meinung war die, dass die Menschen in der heutigen Zeit als

Gegenstände behandelt werden. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten werden nicht mehr nach ihrem Gebrauchswert produziert, sondern die Bedürfnisse verdinglichen sich, d.h. als Lohnarbeiter produziert man etwas, ohne einen persönlichen Bezug zu seinem Produkt zu haben. Man kann so auch von Sachzwängen sprechen. Das bedeutet, heute wird nur noch Geld verdient, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Früher scheint dies anders gewesen zu sein. Diese Ansicht wurde aber nicht von allen angenommen. Diskussionsstoff lieferte das Beispiel eines Jägers, der seine Speerspitze schärft. Kritisch wurde hinterfragt, ob der Jäger Gefallen an dieser Tätigkeit hat, oder nicht? An dieser Stelle könnte auch unter einem

Sachzwang argumentiert werden.

 

Zum 2. Standpunkt:

Der zweite Standpunkt wurde diskutiert, in dem man den Rückgang der Verdinglichung und der Sachzwänge hinterfragt hat. Als Beispiel dafür wurde die Lohnschere angeführt. Der Bereich der sogenannten Minijobs wurde nach wie vor als Sachzwang eingeschätzt. Doch gerade die akademische Welt befindet sich in einer Phase der Entwicklung. Zum einen rückt die Verdinglichung immer mehr in den Hintergrund, da der Individualismus hoch gepriesen wird. Zum Anderen wurde die Wichtigkeit des Social Networkings von mehreren Kursteilnehmern betont und die dabei entstehenden Kontakte als Kapital bezeichnet. Die Menschen sehen sich nicht mehr als bloße Objekte, sondern als Teil eines Netzwerkes. Allerdings sollte die Beschleunigung und die Intensität des Networkings nicht unterschätzt

werden, da der Hintergedanke, nur mit Menschen aus Eigenprofit in Kontakt zu treten, einen negativen Effekt auslöst.

 

Zum 3. Standpunkt:

Nimmt man den Jäger mit seiner Speerspitze, und dieser hat keinen Bezug zu seiner Arbeit, spricht man von Sachzwang und Verdinglichung.

Geht man in die Zeit des Mittelalters zurück und betrachtet man ein Hochzeit, die aus

Profitgründen geschlossen wurde, spricht man von Sachzwang und Verdinglichung.

Nimmt man den Arbeiter am Fließband, der die Arbeit nur des Geldes wegen macht, spricht man von Sachzwang und Verdinglichung.

Diese Beispiele eröffnen eine dritte Sichtweise. Verdinglichung und Entfremdung sind ganz allgemein menschliche (anthropologische) Probleme, die mit der Eigenart des Kapitalismus nur wenig zu tun haben.

 

4: Festlegung des nächsten Diskussionsgegenstandes

Lesen der Kritik von Elsenhans