Kurzprotokoll zum Erwägungsseminar „Globalisierung“ 3. Sitzung (28.04.2017)

 

Anwesende: Teilnehmer/innen am Modul Evolutorik (Masterstudiengang) und Teilnehmer/innen am Modul Globalisierung (Bachelorstudiengang) sowie 2 Gäste  

 

Bestätigte Liste liegt vor.

Sitzordnung runder Tisch: durch Teilnehmer hergestellt

 

Tagesordnung (Vorschlag und beschlossen):

 

1. Kontrolle des Kurzprotokolls

2. Dahrendorf-Plädoyer

3. Blaschke-Übersicht

4. Leseaufgabe zur nächsten Sitzung

 

Zu 1.: Korrekturvorschläge: Definition konzentrierte sich auf die Frage, wer das BGE bekommen soll, und in dieser Frage wurde ein (vorläufiger) Konsens hergestellt.

 

Zu 2.: Das Statement gibt Herr Kribus mit einer kurzen Inhaltsdarstellung. Herr Erdmann versucht im Laufe der Diskussion mehrmals, den Fokus auf das Menschenbild zu legen.

 

Zunächst wird Dahrendorfs Plädoyer für ein BGE als Propagierung eines „Menschenrechts“ interpretiert; seine Intention läuft aber lediglich darauf hinaus, das BGE in die Verfassung aufzunehmen.   

 

Die Aufnahme des BGE in die Verfassung hätte den Vorteil, dass es weniger zum Spielball der Politik wird. Allerdings müsste die konkrete Ausgestaltung situationsabhängig über Gesetze und Verordnungen geregelt werden.

 

Vorläufige Klärung des („Kampf“-) Begriffes „neoliberal“ als vorrangig oder ausschließlich „marktorientiert“. Beispiel ist die Position von Straubhaar, der das Sozialsystem weitgehend durch das BGE ersetzen will, um die Lohnnebenkosten zu senken. Dahrendorf vertritt in diesem Sinne keine neoliberale Position, sondern relativiert das bislang herrschende Gesellschaftskonzept von arbeits- auf tätigkeitszentriert.  

 

Breit wird die Frage diskutiert, welche Auswirkungen das BGE auf den Arbeitsmarkt hätte. Es wird befürchtet, dass hochproduktive Arbeit nicht mehr erledigt wird. In der Diskussion absorbiert jedoch der Niedriglohnbereich die meiste Aufmerksamkeit. Wenn sich das Arbeitsangebot verknappen würde, müssten die Löhne erhöht werden, und es könnte eine Lohn-Preis-Spirale resultieren. Wenn das Arbeitsangebot gleich bliebe oder sich verstärken würde, könnten Löhne gesenkt werden [, weil Arbeitgeber Teile des BGE auf den Lohn anrechnen]. Einige Teilnehmer zeigten sich jedoch davon überzeugt, dass sich auf dem Arbeitsmarkt nicht viel ändern und dass das BGE bald als Normalität betrachtet werden würde – analog zur Einführung der Sozialversicherung durch Bismarck.

 

Wenn sich aber nur wenig ändert, stellt sich die Frage: Warum ist das BGE überhaupt notwendig? Auf Dahrendorfs Begründung durch die technologische Entwicklung wird nicht weiter eingegangen, vermutlich, weil der Aufsatz schon ziemlich alt ist und sich die Verhältnisse inzwischen geändert haben könnten. Mehrmals muss betont werden, dass ein entscheidender Unterschied zum gegenwärtigen Sozialsystem im Rechtsanspruch besteht, wodurch den Menschen die Würde wiedergegeben wird (informationelle Selbstbestimmung, Unantastbarkeit des Eigentums, freie Entscheidung für oder gegen eine Beteiligung am Arbeitsmarkt).

 

In Zusammenhang mit den möglichen Effekten wird in Frage gestellt, ob durch das BGE überhaupt eine Umverteilung von oben nach unten verbunden ist. Eine derartige Umverteilung haben wir schon jetzt. Die Frage muss also präziser lauten: Wird durch das BGE mehr oder weniger von oben nach unten umverteilt? Das kommt auf die Ausgestaltung an.

 

Eine besondere Rolle spielt die Frage, ob das BGE die unterschiedlichen Lebensverhältnisse in Städten wie Hamburg oder München und auf dem Dorf berücksichtigen sollte. Dies würde allerdings die Bedingungslosigkeit verletzen. Ein Folgeproblem lässt sich mit der Frage angeben, wie unter den Bedingungen eines BGE mit dem Wohngeld umzugehen ist.

    

Nach Blaschke S.24 werden als Kriterien für das BGE genannt: (1) Existenz- und Teilhabesicherung; (2) individuell garantierter Rechtsanspruch (3) Wegfall jeglicher Bedürftigkeitsprüfung (4) Verzicht auf Gegenleistungen. Im Fall des allgemeineren Begriffs von van Parijs fällt (1) weg.  

 

Zu 3.: Der betreffende Artikel von Blaschke wurde nur beiläufig erwähnt, seine Abgrenzung von neoliberalen Vorschlägen betreffend sowie die Übersicht über elementare Kriterien eines BGE. Außerdem wurde die Beobachtung geäußert, dass Blaschke das BGE mit sozialreformerischen Ideen überfrachtet.

 

Zu 4.: Zur nächsten Sitzung ist die in der Dissertation von Presse enthaltene Übersicht zur Kenntnis zu nehmen: Grundeinkommen. Idee und Vorschläge zu seiner Realisierung. 5. Kapital. S.85-107.   

 

Protokollant:

G. Quaas