Erwägungsseminar

„Ökonomische und politische Bedingungen der Globalisierung“

Protokoll zur  3. Sitzung (8.5.2009)

 

Moderation: F. Quaas/G. Quaas

Protokoll: F. Quaas

 

TOP 1: Protokollbestätigung

Die Bestätigung des Protokolls vom 24.4.2009 wird auf die nächste Sitzung verschoben, da es noch nicht von allen Teilnehmern zur Kenntnis genommen wurde.

Die Frage, ob Namen in den Protokollen auftauchen sollten, wurde aufgeworfen, aber noch nicht definitiv entschieden.

 

TOP 2: Eingangsstatement zur Kritik von Christoph Antweiler

Im Eingangsstatement von Steffi Grande werden zwei Punkte aufgeworfen:

(1) Antweiler stimmt Altvater weitgehend zu.

(2) Antweiler will ergänzend wirken.

 

 

TOP 3: Diskussion

(1) Ist Antweilers Zustimmung zu Altvaters Artikel mehr als ein Lippenbekenntnis?

Es wird bezweifelt, dass Antweiler dem Hauptartikel von Altvater tatsächlich zustimmt, da sein Ansatz ein völlig anderer sei und sein Vorwurf der fehlenden empirischen Bezüge als schwerwiegend aufgefasst werden müsse.

Die Suche nach Indikatoren für die behauptete Zustimmung führt zu der Einschätzung, dass Altvaters strukturtheoretischer Systemansatz und Antweilers akteursbezogener handlungstheoretischer Ansatz zwei grundverschiedene Herangehensweisen darstellen. Diskutiert wird das unter anderem an der weitergehenden Frage, ob Strukturen primär das Handeln der Akteure determinieren oder das Handeln der Akteure primär die Systemstrukturen bestimmen würden.

 

(2) Kann eine Erweiterung des Rational-Choice-Ansatzes eine stimmige Ergänzung des Altvater-Artikels darstellen?

Es wird herausgearbeitet, dass sowohl Altvater als auch Antweiler den „klassischen“ Rational-Choice-Ansatz ablehnen, ihn hinsichtlich seiner Wirkungsmächtigkeit jedoch anders einschätzen. Während Altvater ihn in der modernen Ökonomie fest verortet sieht und darin auch eine der Spielarten der Entbettung erkennt, hält Antweiler ihn durch weniger extreme und weniger unrealistische Konzepte ökonomischer Rationalität bereits für überholt. Vermutet wird, dass Antweilers kokettierende Selbsteinschätzung als „Dilettant auf dem Theoriefeld Kapitalismus“ ernster ausfällt als sie gemeint war.

Die Erweiterung des Rational Choice Ansatzes durch handlungstheoretisch relevante Komponenten, wie sie Antweiler zur Ergänzung des Altvater-Konzepts vorschlägt, wird von einem Teil der Gruppe als nützlich erachtet, von einem anderen Teil für völlig unmöglich erklärt. Während Altvater eine klar marxistische Position zum System des Kapitalismus habe und  ihn als ein historisch singuläres Element im Ensemble der ökonomischen Gesellschaftsformationen betrachte, arrangiere sich Antweiler stärker mit dem System und sei bei der Suche nach Erklärungen für die anscheinend doch vorhandene innere Stabilität beim Handlungsmodell von Richard Wilk angekommen, das Rückkopplungen der Handlungen der Akteure auf die Systemstrukturen einbezieht.

Ein Teilnehmer betont in diesem Kontext, dass eine zu stark dogmenhistorische Denkweise zu Verzerrungen führen könnte. Antweiler sei zwar kein Marxist, aber auch kein Liberaler. Die  aufgeworfene Hypothese, Antweiler sei ein Apologet des Kapitalismus überzeichne dessen Ansatz stark.

Ein Widerspruch in Antweilers Argumentation wird in ((4)) erkannt; einerseits soll das akteursbezogene Handlungsmodell Erklärung hinsichtlich der Erfüllung der Systemfunktionen  leisten, andererseits wird bezweifelt, dass Wandel via Rationalität auf Systemebene erklärt werden kann.

Der RREEMM im Lindenberg’schen Handlungsmodell (Resorceful Restricted Evaluating Expecting Maximizing Man) bezieht zwar die Vermittlung von Mikro-und Makro-Ebene stärker ein als der Rational Choice Ansatz, bleibt aber letztlich derselben Denkart (Interessenbasiertheit und Nutzenmaximierung) verpflichtet. Ob diese als „gut“ oder „schlecht“ zu bewerten sei, unterscheide eben die verschiedenen Ansätze. Auf keinen Fall dürfe eine kritische Einstellung als „Hetze“ gegen das Rational-Choice-Modell missverstanden werden, zumal gar nicht klar sei, was an Rationalität „schlecht“  ist.

 

(3) Ist der Kapitalismus ein historisches Phänomen oder die Lebensform par excellence?

Die „Rationalität“ des kapitalistischen Systems wird als eng verbunden mit dem Begriff der Konkurrenz andiskutiert. Es entspinnt sich zunächst eine Debatte darüber, was Konkurrenz bedeutet und inwiefern sie als Phänomen überhaupt existiere. Anschließend wird über die Hypothese diskutiert, ob Konkurrenz eine biogenetisch fundierte Lebensform darstelle oder ein überwindbares Phänomen sei. Auf der einen Seite werden empirische Belege angeführt, die Konkurrenz als Verhaltensweise bereits bei Neugeborenen und Kleinkindern erkennen lassen. Auf der anderen Seite werden Gesellschaftszustände postuliert, die frei sind von Konkurrenz. Ob diese allerdings auf stabilen Säulen beruhen oder nicht doch eher fragil sind, bleibt vorläufig unentscheidbar. Einig wird die Gruppe sich darüber, dass Zustände stark gezügelter Konkurrenz (Vorhandensein von Normen etc.) denkbar sind, aber nicht den „Normalzustand“ darstellen.

 

 

 

Zur nächsten Sitzung sind die Kritiken von Ulrich Kazmierski und Marlis Krüger  vorzubereiten.