Protokoll zum Erwägungsseminar „Globalisierung“ 2. Sitzung (15.04.2011)

 

Anwesende:  siehe Liste

 

Moderation: keine

 

Protokoll: keines

 

Tagesordnung:

 

1. Bestätigung des Protokolls der 1. Sitzung

 

2. Diskussion und Festlegung der Regeln des Seminars

 

3. Erste Verständigung über das Erwägungsinitial (Einleitung und Kapitel 1)

 

4. Festlegungen für die nächste Sitzung

 

 

Die vorgeschlagene Tagesordnung wird stillschweigend gebilligt.

 

Zu 1. ist erfolgt

 

Zu 2: mit einer Änderung bestätigt: für eine Problembearbeitung gibt es 4 Punkte

 

Zu 3. Nach Auslosung wird das Statement durch Herrn Goeller gegeben.

 

Goeller bewertet die Einleitung als wenig ergiebig. Er übt Kritik an der Behauptung, dass Ökonomen nicht laut genug vor der Krise gewarnt haben. Seiner Meinung nach gab es Warnungen, die jedoch nicht gehört wurden. Des Weiteren wird kritisiert, dass der Begriff der Globalisierung am Anfang des Buches nicht definiert worden ist.

 

Kreissel weist auf die Selbstkritik hin, die Rodrik übt: er habe die Krise auch nicht vorhergesehen.

 

Goeller ergänzt, dass er die Tatsache, dass es schon vor dreihundert Jahren eine ähnliche Konzernstruktur wie heute gegeben hat, faszinierend findet.

 

Müller (K) weist darauf hin, dass bei aller Ähnlichkeit eine Verschiebung der Aufgaben stattgefunden hat, die im Buch auch erwähnt wird.

 

Duarte Candenas findet es gut, dass die Globalisierung nicht vorwegnehmend (explizit) definiert wird. Basis der Globalisierung seien Gewinnerwartungen. Regeln sind für das Funktionieren der Globalisierung wichtig, macht braucht zu ihrer Durchsetzung einen starken Staat.

 

Quaas (G): Viele Staaten erzeugen einen Konflikt unter den Regeln.

 

Scholz unterstreicht diesen Punkt.

 

Quaas (F) sieht eine Differenz zu marktwirtschaftlichen Theorien und stellt die Frage in den Raum, ob es sich um ein Plädoyer für den Merkantilismus handelt.

 

Kreissel: Das Thema Kolonialismus kommt im Text zu kurz.

 

Scholz vermutet, dass Rodrik diesen Punkt (Kritik am Kolonialismus) als Konsens unterstellt, siehe seine Beurteilung der ungerechten Preise.

 

Behnisch meint, dass ungerechte Preise typisch für den Kolonialismus seien.

 

Quaas (G) widerspricht mit dem Hinweis auf die Hungerlöhne z.B. in China.

 

Kreissel macht darauf aufmerksam, dass diese Löhne ohne Einbindung in die Weltwirtschaft noch niedriger sein würden.

 

Quaas (G) gibt zu, dass die Beurteilung von Löhnen relativ ist. Insbesondere sei zu beachten, dass die Löhne in China stark steigen.

 

Scholz habe noch nie gehört, dass jemand Deutschland als ein Opfer der Globalisierung bezeichnet, obwohl die Löhne gesunken seien.

 

Kreissel verdeutlicht am Beispiel der Fleischindustrie, dass auch Deutschland zumindest im europäischen Binnenmarkt zunehmend unter Lohndruck leidet, deren Mitarbeiter medial als Opfer dargestellt werden.

 

Eine weitere Bezugnahme erfolgt aus der Gruppe auf den Fall Nokias Werksverlagerung.

 

Quaas (F): Das von Rodrik aufgezeigte Dilemma (Trilemma) träfe auch auf Deutschland zu: Rodrik löse es theoretisch zugunsten von Demokratie und Selbstbestimmung auf. Der Zusammenhang zur Globalisierung müsse thematisiert werden.

 

Quaas (G) fordert, die bislang erarbeitete Definition der Globalisierung anhand des neuen Textes zu überprüfen.

 

Essers meint, dass auch der Begriff der „Demokratie“ unklar sei.

 

Scholz postuliert, dass die Demokratie leidet, wenn man die Globalisierung mitmacht, weil dann andere Regeln aufgezwungen werden.

 

Quaas (F): Kann man sich von der Globalisierung verabschieden?

 

Kreissel: Kulturelle Annäherung begünstige die Globalisierung.

 

Volke sieht das umgekehrt: Die Kulturen nähern sich durch Handel an.

 

Scholz sieht in beiden Positionen keinen Widerspruch zu Rodrik.

 

Volke betont: Die Kultur wird kein Hindernis sein, wenn ein (mächtiger) Staat den Handel will.

 

Duarte Candenas: Die Alternative zur Globalisierung bedeutet, auf Gewinne zu verzichten.

 

Quaas (G): Ein Verzicht auf Gewinne schwächt das ökonomische und politische System und begünstigt feindliche Übernahmen.

 

Duarte Candenas: Die Frage sei, wie das Regelsystem gestaltet wird.

 

Scholz stellt die Frage, wer die Regeln festlegen soll, wenn alle mitmachen müssen.

 

Quaas (G) stellt in Frage, dass Regeln hingenommen werden müssen, nur weil alle mitmachen müssen. Vergleich mit der fiktiven Situation, dass alle gezwungen werden, Fußball zu spielen.

 

Essers: Die entscheidende Frage sei doch, wie man kluge Regeln einführen kann.

 

Müller (K): Was sind „kluge“ Regeln? Wenn jeder seine eigenen Regeln definiert, gibt es Konflikte bei vielen Fußballmannschaften.

 

Scholz wirft ein, dass sich unterschiedliche Interessenlagen in unterschiedlichen Regelsystemen niederschlagen.

 

Quaas (G) und Kreissel verständigen sich darüber, dass Demokratie zwar bei Staaten der Fall sein kann, aber nicht im internationalen System als Ganzem gesucht werden sollte.

 

Jensch präzisiert, dass man mit Bezug auf das internationale System eher von einer Verrechtlichung als von einer Demokratisierung sprechen sollte.

 

Essers zweifelt daran, dass Entscheidungen außerhalb einer Elite getroffen werden können.

 

Goeller unterstützt diese Position: Konzerne haben mehr Gewicht und Durchsetzungskraft.

 

Quaas (F): Für sie sei es eine Frage, ob auch die unteren Schichten von der Globalisierung profitieren.

 

Volke / Goeller fragen danach, ob über Libyen eine demokratische Entscheidung gefällt worden ist?

 

Scholz hält es für müßig, über die demokratische Legitimierung solcher Entscheidungen zu streiten.

 

Essers: Was heisst Demokratie im Falle der Beteiligung Deutschlands in Afghanistan, wenn über 50% der Bevölkerung dagegen ist?

 

Quaas (G) räumt ein, dass es unterschiedliche Demokratien gibt. Eliten seien aber (i) bereit, Entscheidungen zu revidieren und (ii) sind von den Folgen ihrer Entscheidungen zunehmend selber betroffen (Mubarak).

 

Zwischen Essers, Goeller und Müller (K) wird die Rolle von Entscheidungen der Elite diskutiert. Es bleibt (dem Protokollanten) unklar, worin das Problem besteht.

 

Volke: Die Frage sei, ob Ökonomen wirklich das Gemeinwohl im Auge haben.

 

Kreissel behauptet, dass die Wissenschaft nicht dem Gemeinwohl dienen muss.

 

Quaas (G) protestiert mit Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 29. Mai 1973.

 

Goeller will wissen, wer denn im IMF und in der Weltbank das Sagen hat?

 

Quaas (G) weist auf den historischen Hintergrund dieser Institutionen hin, woraus sich das Ziel ergibt, einen solchen Einbruch des Welthandels wie 1929-33 zu verhindern.

 

Quaas (F) stellt das Instrument der Analysetafel vor.  

 

Zu 4. Beschlüsse:

 

Die Schilderliste ist an Herrn Kreissel zur Bearbeitung zu schicken.

2 Namen müssen berichtigt werden.

Die Analysetafel aus der Radnitzky-Einheit soll noch einmal im aktuellen Erwägungsinitial erscheinen.

Die Definition von Globalisierung ist zur Überprüfung noch einmal im aktuellen Erwägungsinitial einzustellen

Die Decknamen sind bis Mittwoch nächster Woche zuzuschicken, damit am Donnerstag das Protokoll vollständig veröffentlicht werden kann.

Die Kapitel 1 und 2 sind zur nächsten Sitzung am 29. April unter den Gesichtspunkten der Analysetafeln zu lesen. In dieser Sitzung erfolgt die Erarbeitung einer ersten Analysetafel.

 

Protokollant:

G. Quaas